Adam Mastroianni bilanziert auf seinem Substack Nutzen und Nachteil des Peer–Review-Verfahrens. Sein Urteil fällt vernichtend aus.
Zur Erinnerung: Peer Review besteht darin, daß wissenschaftliche Veröffentlichungen, ob Paper (vulgo: Aufsatz), ob Monographie (vulgo: Buch), vor ihrer Publikation von anderen Wissenschaftlern begutachtet werden, die sie zulassen, Umarbeitung verlangen oder gänzlich ablehnen.
Zu einer Voraussetzung ist die Sache nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht worden. Wissenschaftsgeschichtlich darf zwangsweise Peer Review damit als junge Entwicklung gelten, vielleicht auch als Mode, in jedem Falle aber, so Mastroianni mit leichter Ironie, als ein Experiment.
Mastroiannis Fazit:
(1) Peer Review bringt wenig, wo die Publikation unzutreffender Behauptungen verhindert werden soll. Wie Experimente zeigen, finden Gutachter nur etwa 25-30 Prozent der gravierenden Fehler in eingereichten Forschungsarbeiten.
(2) Korollar: Peer Review versieht Aufsätze, die es nicht verdienen, mit einem Odium höchster Klugheit, weil, so Mastroianni, „big stickers that say INSPECTED BY A FANCY JOURNAL“, große Aufkleber mit der Aufschrift GEPRÜFT DURCH EINE TOLLE ZEITSCHRIFT darauf gepappt werden:
That debunked theory about vaccines causing autism comes from a peer-reviewed paper in one of the most prestigious journals in the world, and it stayed there for twelve years before it was retracted.
(Die widerlegte Theorie über den Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus stammt aus einem begutachteten Aufsatz, der in einer der weltweit angesehendsten wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert worden war. Es dauerte zwölf Jahre, bis er schließlich zurückgezogen wurde.)
(3) Wissenschaftler nehmen die Bemerkungen von Gutachtern selten ernst. Lehnt eine wissenschaftliche Zeitschrift einen Aufsatz ab, weil die Peer Review negativ ausfällt, wird der Text eher nicht umgearbeitet, sondern bei einer anderen Zeitschrift eingereicht.
(4) Wissenschaftler halten Ideen für plausibel, die noch kein Peer–Review-Verfahren durchlaufen haben, weil sie „nur“ auf Konferenzen vorgetragen oder auf irgendwelchen Internet-Platformen, Blogs etc. veröffentlicht worden sind.
(5) Wissenschaft braucht Freiheit, keine institutionalisierte Selbstzensur, die, so Mastroianni, wie jede Form von Zensur das Sich-Durchsetzen der Wahrheit verlangsamt. Er fügt ein Beispiel an: Einst war Eugenik in Mode. Wie hoch wäre die Wahrscheinlichkeit, daß damalige Gutachter einen Aufsatz akzeptieren, der ihren Vorannahmen zuwiderläuft?
Und noch ein Beispiel:
if scientific journals had existed in Copernicus’ time, geocentrist reviewers would have rejected his paper and patted themselves on the back for preventing the spread of misinformation.
(Wenn es zu Kopernikus‘ Zeiten wissenschaftliche Zeitschriften gegeben hätte, hätten geozentristisch gesonnene Gutachter sein Paper abgelehnt und einander auf die Schultern geklopft, da sie die Verbreitung von Falschheiten verhindert haben.)
Bitte lesen Sie den ganzen Text.
(Betragsbild: Pixabay.)