I
Kurios wirkt der anschwellende Kriegsgesang in Kreisen, die lange als antimilitaristisch oder pazifistisch aufgetreten sind, nun aber „ihren“ Remarque in die zweite Reihe der Hausbibliothek verdammen. Ist denn auf gar nichts mehr Verlaß? Habe ich all die Friedensbarden mit ihrem verquälten Geschrammel, ihrer gewohnheitsmäßigen Versmaß-Vergewaltigung, ihren hirnspaltend dümmlichen Reimen usw. ertragen, ohne auf dauernden Gewinn hoffen zu dürfen?
II
Man will im Verbund mit „bürgerlichen“ Kräften die Bundeswehr kampftauglich machen. Die Strategie lautet, wie so oft: Den Geldhahn aufdrehen, und gut is‘. Wo aber sollen – wie mit Gunnar Heinsohn eingewandt werden darf – ausreichend junge Männer (und Frauen) herkommen, um das Kriegsgerät zu handhaben? Mal einen Blick auf die Jahrgangsstatistiken, auf die Familienstruktur, die Häufigkeit von Einzelkindern geworfen? Und wenn es zum Schlimmsten kommt: wie lang dürften Verlustlisten sein, die von der bundesdeutschen Öffentlichkeit verkraftet würden? Man erinnere sich an die Verwerfungen durch die rund 58.000 Toten des Vietnam-Krieges in den weit bevölkerungsreicheren USA.
III
Lebten wir nicht kürzlich noch in einer postheroischen Gesellschaft? Wurde nicht kürzlich noch Monika Maron der Rechtsabweichung geziehen, weil ihre Romane Munin (2018) und Artur Lanz (2020) die Unabkömmlichkeit männlich-kämpferischer Tugenden sowie die Ahnung, in einer Vorkriegszeit zu leben, berührten? Die (post)moderne Mediengesellschaft erweist sich als höchst flexibel, aber nicht in einem guten, an der Erfahrungswirklichkeit orientierten Sinne, der mit Lernfähigkeit und vernünftiger Einschätzung der Lage gleichbedeutend wäre; sie macht Stimmungen – abrupt und beliebig, mit einem kaum zu leugnenden Einschlag ins Hysterische.