Echokammern und Frieseninseln
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Echokammern und Frieseninseln

Echokammern sind derzeit in wenn nicht aller, so doch vieler Munde. Eine bedeutende Anzahl von Zeitgenossen soll sich in solchen Räumen von Gleichgesinnten befinden, darin ihre eigenen Überzeugungen so lange bestätigt finden, bis sie sie für „normal“ und „allgemein-menschlich“ hält.

Natürlich lungern vor allem Rechtspopulisten und Schlimmere in solchen Echokammern herum. Das versteht sich. Das müssen wir kaum diskutieren.

Weit interessanter wirkt die Frage, ob die Echokammern mehr als ein untergeordnetes Problem bezeichnen. Schließlich ist ja nicht das Bestätigt-Werden in Kreisen von mehr oder minder vernünftigen, teils gut-, teils böswilligen Menschen, was brennende Sorge bereitet. Sondern das Driften des politischen Diskurses nach links, das Abtreiben der Bundesrepublik Deutschland in Gefilde, wo gewöhnliche bürgerlich-patriotische Auffassungen plötzlich als unmenschlich gelten.

Nicht die Echokammer ist der Punkt, sondern etwas, das der Trift ostfriesischer Inseln entspricht, die sich, wie allgemein bekannt, mit Wind und Strömung nach Osten bewegen – oder es wenigstens tun würden, wenn nicht massive Befestigungen sie daran hinderten. Keines Menschen Auge vermag eine solche Bewegung zu erblicken, aber ihr Ergebnis läßt sich deutlich erkennen. Die Sache wird durch das Schicksal des alten Westturm auf Wangerooge trefflich veranschaulicht. Dabei handelt es sich um eine Art Kirchturm mit integrierter Kirche. An der Wende zum 17. Jahrhundert im Südosten der Insel erbaut, stand der Turm am Beginn des 20. Jahrhunderts westnordwestlich der Insel im Wasser, bis er während des Ersten Weltkriegs gesprengt wurde. So weit hat sich die Insel unter ihm fortbewegt.

Siehe auch Henryk M. Broder zum Thema.

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David Solway: Oben ist unten, und unten ist oben

Wie es zugeht in einer Welt, in der all dasjenige, was uns oben scheint, für die Gottheit unten ist, und all dasjenige, was uns unten scheint, für die Gottheit oben ist,  beschrieb Leszek Kołakowski. Die Angelegenheit wurde kürzlich von David Solway aufgenommen und mit einer Fülle von Beispielen illustriert:

Eine bis zu den Knien in Blut watende Religion wird zwecks öffentlicher Verdaulichkeit als „Religion des Friedens“ dargestellt. „Soziale Inklusion“ meint die Exklusion jener, die sich weigern, eine vorgefaßte Ideologie zu unterschreiben. „Vielfalt“ oder „Buntheit“ („Diversity“) ist ein antonymisches Synonym für die dumpfeste Einförmigkeit, was Ideen angeht. „Positive Diskriminierung“  („Affirmative Action“) dient dem Rassismus unter des Maske des Antirassismus. Anzügliche Witze, doppeldeutige Kommentare und sogar unschuldige Andeutungen von Bezauberung oder Interesse auf Seiten der Männer werden unter dem Rubrum „sexuelle Übergriffe“ gesammelt und sollen untrügliche Zeichen für eine generelle Verworfenheit des männlichen Geschlechts bilden. Der an Universitäten beliebte Begriff „Vergewaltigungskultur“ („Rape Culture“) bezieht sich auf etwas Nicht-Existentes; gleichwohl wird mit ihm normales Werben und Flirten beschrieben.

Das ist verrückt? Mitnichten. Ideologie soll den Intellekt jedes einzelnen Menschen und damit den Einzelnen selbst demütigen, wie Theodore Dalrymple zeigt. Darüber hinaus bildet deren Akzeptanz das Tor, durch das man in die Elite und deren wohlbestallte Dienerschaft eintreten kann.

Schoeck über Adorno
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Schoeck über Adorno

Helmut Schoeck bemerkt über Theodor W. Adorno und die, von dort betrachtet, dunklen Seiten der Suhrkamp-Kultur:

Ausgerechnet dem Starkritiker und Verächter der gewinnorientierten Privatwirtschaft, Theodor W. Adorno, bestätigte Joachim Günther im Nachruf in der „Frankfurter Allgemeinen“, wie sehr Adorno ein Kapitalist war, der auch noch den letzten Pfennig aus seinem Kapital zu pressen wußte. Er bewunderte nämlich Adornos „ausgebreitete außerakademische Schriftstellerei und Vortragstätigkeit, bei der sich beide Produktionsweisen so kombinierten, daß er alle Medien der Geistesvermittlung nacheinander mit wortgetreu denselben Texten beliefern konnte, erst Vortrag oder Diskussionsbeitrag, dann Radiosendung, dann Zeitschriften- oder Zeitungspublikation, dann Buch“. Auf jeder Stufe kassierte Adorno, der Spätmarxist, der sein Urheberrecht kannte, und seine Erben können es bis zum Jahr 2040, ohne einen Finger zu rühren. Und gerade diese Erben machen das gute Gewissen der Genossen noch unerklärlicher.

Was soll man sagen? Capitalism for me – but not for thee. Oder: Tu, was ich rede. Ignorier, was ich tu.

(Helmut Schoeck, Die Lust am schlechten Gewissen, Freiburg im Breisgau, 1973, S. 135. Bild: J.M.W. Turner, Burning Ship, Wikipedia.)

Weshalb eine pro-westliche Haltung kein Rassismus ist

Weshalb eine pro-westliche Haltung kein Rassismus ist

Schöner Artikel von Daryl McCann auf Quadrant. Drei Auszüge:

We are not the House of War, as the Wahhabis/Salafists assert. We are the House of Freedom. To critique and constrain Islamic revivalism in the West is not to be Islamophobic as both the Muslim Brotherhood and the PC police would have it. Paradoxically, perhaps, the real danger for the West, when it comes to global jihad and all those who do not have the interests of the House of Freedom at heart, might not be so much the enemy at the gates but the anti-West nihilism at the core of politically-correct thinking. How else to explain the fact that today when the President of the United States makes a speech in Warsaw praising the grandeur and liberty of Western civilisation he is immediately censured for being a white male supremacist?

Und:

If the West can be characterised as a community of liberal-democratic states, then it should be incumbent upon the political leadership of each of those autonomous national entities to promote the best interests of their respective populations. Theoretically, of course, people of any religious or ethnic background can—and do—assimilate into a society based on Western principles. We have to wake up to the reality, however, that this occurs despite the sectarianism encouraged by multiculturalism, which might be better described as poly-tribalism.

Schließlich:

A Western society might be “open”, in the sense that Karl Popper used the term, but it has the right to closed or secure borders, not to mention a stringent immigration program. How else can a heritage of liberty be protected against those with an entirely different civilisational framework?

Staatsverschuldung, ‚billiges‘ Geld und Moral

Staatsverschuldung, ‚billiges‘ Geld und Moral

Die absurde, nicht mehr steuerbare Liquidität, die als Gegenbuchung zur aberwitzigen Verschuldung… stehen geblieben ist, hat zu falschen Allokationen… geführt; sie hat aber auch die Menschen nachlässig und unkritisch werden lassen; sie hat die Arroganz der Mächtigen gesteigert; sie hat der Hochfinanz das Pulver geliefert, mit dem das Feuerwerk der 80er und 90er Jahre an den Finanzmärkten gezündet worden ist; sie hat die Sitten und die Moral in weiten Teilen der Gesellschaft erodieren lassen; sie hat auch die Machtverhältnisse und die Besitztümer verschoben und damit viele gesellschaftliche Probleme geschaffen; sie hat die wohlfahrtsstaatliche Verluderung vorangetrieben und einen Teil der Bonitäten an den Finanzmärkten zerstört… Kurzum: die ausufernde Liquidität hat die Menschen verdorben.

Walter Hirt, zitiert nach Roland Baader, Geld, Gold und Gottspieler. Am Vorabend der nächsten Weltwirtschaftskrise, Gräfelfing 2007, S. 96; Auslassungszeichen bei Baader. (Bild: Maerten de Vos, Die Versuchung des heiligen Antonius (Detail).)

James Damore, Google und Political Correctness

Heute in Ruhe die völlig unpassend zuweilen als „Anti-Diversity-Manifest“ bezeichneten Reflexionen des ehemaligen Google-Mitarbeiters James Damore gelesen. Den Text kennzeichnen Sachlich- und Nachdenklichkeit, Freundlich- und Höflichkeit; aus jeder Zeile spricht der ehrliche Wunsch, zum Besseren zu wirken.

Nur wer Damores Ausführungen nicht gelesen hat, kann zu einem Urteil wie diesem kommen:

Die Empörung über das in weiten Teilen altbekannte Stereotype wiederkäuende Pamphlet des Software Engineers von Google ist (zu Recht) groß. […] Machen wir uns nichts vor: Die im Dokument deutlich werdenden Ressentiments haben nach wie vor sehr viele Anhänger.

Immer wieder drollig, Die Zeit und/oder Zeit online als Institution für betreutes Schreiben.

Drolliger noch, daß sogleich auch von „Ressentiment“ gesprochen wird. Ist es wirklich zuviel verlangt, diesen auf Nietzsche zurückgehenden und von Scheler (zumeist) segensreich gebrauchten Begriff einmal vernünftig, also nicht-verstellend zu gebrauchen?! Ressentiment ist der geronnene Groll des Machtlosen und Versagers. James Damore hat einen Abschluß der Harvard-Universität. Das sieht mir nicht eben nach dem Profil des typischen Versagers aus…

Wie dem auch sei. Firmen können feuern, wen sie wollen. Oder sollten es wenigstens können. Dennoch gewinnt man den Eindruck, daß es um den Westen nicht gut stehe, wenn ein Mann wie Damore aus solchen Gründen gefeuert wird.

(Siehe auch hier – der FIDE-Titel ließ sich allerdings nicht bestätigen – und hier.)

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Steinhöfel über das Netzwerk-Durchsetzungsgesetz

Das permanente Operieren mit unbestimmten Rechtsbegriffen wie „Hate speech“ oder „Fake news“ ist deshalb so geschickt, weil es Verunsicherung in die öffentliche Debatte trägt und zur Verängstigung der Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Grundrechte führt.

Ein hörenswerter Vortrag von Joachim Steinhöfel in Berlin. Bitte klicken Sie hier, um zu dem Film zu gelangen.