VDH: „Die neuen, häßlichen Amerikaner“

Vor einigen Jahrzehnten noch habe sich, schreibt Victor Davis Hanson, amerikanischer „Kulturimperialismus“ auf die Attraktivität, die Anziehungskraft der amerikanischen Alltagskultur verlassen können. Levi’s, Starbucks, Apple taten das Ihre. Deshalb war, wie man ergänzen darf, der Begriff „Kulturimperialismus“ ein dummes Wort.

Inzwischen aber herrsche, so Hanson, tatsächlich US-Kulturimperialismus, transnationale Top-down-Zwangsbeglückung, und zwar von der ökologistischen und woken Sorte.

Ein Beispiel für den Öko-Imperialismus aus der Neuen Welt: Im Januar 2022 verhindert die Biden-Regierung die Fertigstellung der EastMed-Erdgaspipeline, eines gemeinsamen Projekts von Zypern, Griechenland und Israel. Hanson kommentiert:

Apparently, our diplomats felt it violated our own New Green Deal orthodoxies. So we imperialists interfered to destroy a vital project of our closest allies.

(Unsere Diplomaten waren offenbar der Meinung, die Pipeline verletze unsere New Green Deal-Grundsätze. Also sind wir Imperialisten eingeschritten, um ein wichtiges Projekt unserer engsten Verbündeten zu verhindern.)

Und hier ein Beispiel für die bündnissprengende Kraft von wokem Imperialismus:

Some of our most loyal allies are in Eastern Europe – Poland, Hungary, the Czech Republic, and Romania. […] They are democratic and pro-American. Yet they are now targeted by our woke imperialists because they remain steadfast as the most religious and traditional of our European allies.

(Einige unserer verläßlichsten Verbündeten sind ostmitteleuropäische Staaten: Polen, Ungarn, Tschechien und Rumänien. Sie sind demokratisch und pro-amerikanisch eingestellt. Trotzdem befinden sie sich im Fadenkreuz unserer woken Imperialisten, weil sie die am stärksten religiös und traditionell geprägten unserer europäischen Alliierten sind und dies nicht ändern wollen.)

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Ein Latein- und Geschichtslehrer mit dem schönen Pseudonym Skias Onar

unterrichtet uns über die ethische (nicht: moralische) Dimension der Corona-Jahre, erinnert an den klaren, mannhaften Blick der Alten auf dasjenige, was wir „das Leben“ nennen oder „das Los“, und weist im Vorbeigehen überselbstgewisse MINT-Fächler darauf hin, daß Geisteswissenschaft eben doch unverzichtbar ist.

Sein Pseudonym stammt, wie am Ende seines Aufsatzes auf dem Blog der Vierteljahresschrift Tumult bemerkt, aus einer Ode Pindars: Σκιᾶς ὄναρ ἄνθρωπος. Skiās onar anthrōpos. Eines Schattens Traum ist der Mensch.

(Die oben getroffene Unterscheidung zwischen Ethik und Moral folgt Rainer Forst, Kontexte der Gerechtigkeit, Frankfurt am Main 1994. Vereinfacht gesagt, zielen ethische Fragen auf ein gelingendes, lohnendes Leben, während moralische Fragen dem Gerechten nachspüren.)

Jetzt erschienen: Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck
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Jetzt erschienen: Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck

Der in Graz geborene Soziologe Helmut Schoeck (1922-1993) war nicht nur ein hochbegabter Forscher, sondern auch ein mutiger Kämpfer für die Freiheit des Einzelnen, gegen jede Form von Gruppenkult und Sozialismus. Es lohnt, sich mit seinen Argumenten vertraut zu machen.

Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten erforscht Schoecks Einsichten, Hoffnungen und Befürchtungen im Lichte des neueren Freiheitsdiskurses, zitiert u.a. Roland Baader, Norbert Bolz, Theodore Dalrymple, Thomas Sowell und Rainer Zitelmann, außerdem Vasilij Grossman, Rudyard Kipling, Michael Klonovsky und Alfred, Lord Tennyson. Entstanden ist ein elegant geschriebener Großessay, der zuweilen amüsant, manchmal auch bestürzend wirkt, in jedem Falle aber Mut macht.

Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag. 222 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover). Inhaltsverzeichnis hier.

Der (nächste) große Sprung nach vorn
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Der (nächste) große Sprung nach vorn

Da saß mein Gast und nippte mit unverschämter Eleganz an seinem Weißwein, lächelte und sprach mit angenehmer Stimme, es sei ja nun schlechterdings zu erwarten, daß auch dieser große Sprung nach vorn, hinein in eine dem Anspruche nach klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft so enden werde, wie dergleichen eben zu enden pflege, in einer – hier nippte er noch einmal, schüttelte kaum merklich sein Haupt und blickte mich mit einem unaufdringlich-weltmännischen Lächeln an – Katastrophe nämlich, vermeidbarem Elend und selbstverschuldetem Tod. Worauf er an seinen champagnerfarbenen Beinkleidern nestelte, schilfgrüne Socken zum Vorschein kommen ließ und das Thema wechselte. Der Unverantwortliche.

(Bild: Haupteingang der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900. Library of Congress. No known restrictions on reproduction.)

Causerie
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Causerie

Max Ring (1817-1901) schreibt über Karl August Varnhagen von Ense (1785-1858):

Varnhagen war in der That ein Meister der gesellschaftlichen Rede, unerschöpflich in geistreichen Bemerkungen, Bonmots und pikanten Anekdoten, die er mit bewunderungswürdigem Geschick und ungesucht in das Gespräch zu verflechten wußte; im höchsten Grade anregend und geistvoll; dabei natürlich, ohne jede Prätension und Koketterie. Wie nur wenige Deutsche besaß er die Kunst der französischen „Causerie“, verstand er, anmutig, geistreich zu plaudern, vorausgesetzt, daß er in guter Laune war.

Können Sie das?

(Max Ring, Berliner Leben. Kulturstudien und Sittenbilder, Leipzig u. Berlin 1882, S. 79. Bild: Karl August Varnhagen von Ense, Lithographie von Paul Gottheiner nach einem Pastell von Ludmilla Assing, gespiegelt. Wikimedia Commons, gemeinfrei.)