Jetzt erschienen: Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck
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Jetzt erschienen: Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck

Der in Graz geborene Soziologe Helmut Schoeck (1922-1993) war nicht nur ein hochbegabter Forscher, sondern auch ein mutiger Kämpfer für die Freiheit des Einzelnen, gegen jede Form von Gruppenkult und Sozialismus. Es lohnt, sich mit seinen Argumenten vertraut zu machen.

Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten erforscht Schoecks Einsichten, Hoffnungen und Befürchtungen im Lichte des neueren Freiheitsdiskurses, zitiert u.a. Roland Baader, Norbert Bolz, Theodore Dalrymple, Thomas Sowell und Rainer Zitelmann, außerdem Vasilij Grossman, Rudyard Kipling, Michael Klonovsky und Alfred, Lord Tennyson. Entstanden ist ein elegant geschriebener Großessay, der zuweilen amüsant, manchmal auch bestürzend wirkt, in jedem Falle aber Mut macht.

Karsten Dahlmanns, Vom besonderen Unglück tüchtigerer Minderheiten. Eine Reaktualisierung des Werks von Helmut Schoeck. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag. 222 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover). Inhaltsverzeichnis hier.

Fernreise, Steak und Sechszylinder

Fernreise, Steak und Sechszylinder

Sorge Dich nicht!

Du wirst Dein Steak essen. So oft und so groß, wie es Dir gefällt.

Du wirst in den Urlaub fliegen. So oft und so weit, wie es Dir gefällt.

Du wirst einen schönen Sechszylinder fahren. Mit sattem, röhrendem Klang, wie es Dir gefällt.

Du wirst Dein großes Haus mit Erdgas oder anderen günstigen Brennstoffen heizen. Kuschelig warm oder noch wärmer, ganz wie es Dir gefällt.

Betrachte den Öko- und Klimaquatsch als eine vorübergehende Erscheinung; er wird sich austoben. Und Du, Du kannst ihn abwählen.

(Bild: Pixabay.)

Konstantin Kisin: An unsere konservativen Freunde in Schulen und Hochschulen
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Konstantin Kisin: An unsere konservativen Freunde in Schulen und Hochschulen

Konstantin Kisins Rede auf der ARC Conference 2023 enthält eine Passage, in der er sich an nicht-linke Lehrer und – verzeihen Sie das dumme Wort – Hochschullehrer wendet, also an Konservative und Vertreter eines klassischen Liberalismus, die im Bildungswesen tätig sind und den Nexus zwischen vernünftigem, empirieorientiertem Denken und Freiheitsfähigkeit verstehen. Der Passus verdient Aufmerksamkeit. In einer deutschen Übersetzung, die sich geringfügige Freiheiten nimmt, klingt er so:

Ich sage unseren Freunden, die an Schulen und Hochschulen arbeiten: Ich verstehe, daß sich viele von Ihnen wie die französische Résistance oder sowjetische Partisanen fühlen – hinter den feindlichen Linien, mit zu wenigen Leuten, im Kampf gegen einen weit besser bewaffneten Gegner. Sie haben recht. Wir befinden uns eben im wichtigsten Kampf unseres Lebens. Kämpfen Sie also weiterhin um jede junge Seele, die sie retten können. Es wird sich lohnen!

Hören Sie hier nach 11 Minuten, 49 Sekunden.

Nun mag deutsche Befindlichkeit an Kisins Metaphorik auszusetzen finden, daß sie die Erfahrungen von Résistance-Kämpfern oder sowjetischen Partisanen verharmlose, da es an Schulen und Hochschulen kaum um Leib und Leben gehe. Hier wäre zu entgegnen, daß der in Moskau geborene, seit seinem elften Lebensjahr im Vereinigten Königreich lebende Kisin seinen Vortrag auf der Konferenz der Alliance for Responsible Citizenship satirisch-ironisch angelegt hat, um mit Scherzen und Überzeichnungen wichtige Einsichten zu transportieren. Wie er ja überhaupt alles Recht besitzt, deutsche Befindlichkeiten zu ignorieren.

(Beitragsbild: Screenshot aus dem verlinkten Film.)

Er hat’s geschafft

Es war nicht leicht. Doch hat er’s geschafft. Über Jahre hinweg alles „Problematische“, „Überholte“, „Kontroverse“ an sich ausmerzend, erkennt er sich kaum mehr wieder. Dafür wird er überall, wo es seinem Fortkommen dient, gern gesehen. Er gehört dazu. Und ist langweilig. Unglaublich langweilig.

Die Kavallerie kommt nicht!

Die Kavallerie kommt nicht!

Höchste Zeit, liebe Landsleute, erwachsen zu werden.

Willentlich hochgetriebene Energiepreise treiben hunderttausende Bürger in Armut und Elend? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Die Energiewende vernichtet die bundesdeutsche Wirtschaft? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Viele Schüler in Deutschland können kaum lesen, schreiben und rechnen? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Manche Fakultäten deutscher Universitäten geraten von Stätten ergebnisoffenen Forschens zu bolschewoken Kaderschmieden? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Junge (und erschütternd viele dem Jahrgang nach reife) Menschen verwechseln Emotion und Argument, halten Klimahysterie und sonstige Übersteigerungen für einen Ausweis von Tugend und Klugheit? – Es wird keiner herbereiten, der Euch rettet.

Scharen Hochqualifizierter verlassen die Bundesrepublik? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Schwierigkeiten, die Geltung bundesdeutscher Gesetze in einigen Großstädten des Landes durchzusetzen? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Rußland mit Regime Change-Phantasien dauerhaft antagonisiert? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Eine Bundeswehr, deren Panzer selten fahrtüchtig, Flugzeuge und Hubschrauber selten flugtauglich sind? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Die Kavallerie kommt nicht. Sie ist anderweitig beschäftigt. Die USA – und an sie denkt man ja typischerweise, wo von Kavallerie die Rede ist – haben ihre eigenen Probleme, äußerst gravierende übrigens, die zu überwinden wenigstens ein Jahrzehnt, vermutlich aber länger, dauern wird. Ihr seid allein, Landsleute. Und genau diese Einsicht ist der erste Schritt in Richtung Erwachsen-Werden.

(Beitragsbild: Pixabay.)

Julian Reichelt: Das Glück der Leute ist der Alptraum der Regierung

In aller Klarheit auf den Punkt gebracht, bespricht Julian Reichelt das große Schisma zwischen Bürgern und Regierung in der Bundesrepublik Deutschland:

Das Land will diese Regierung nicht mehr. Warum nicht? Ganz einfach. Das Land spürt, daß diese Regierung die Bürger nicht will. Uns nicht so will, wie wir sind. Der Regierung paßt nicht, wie wir leben. Nach Mallorca fliegen, Bratwurst auf’m Grill, gutes Auto – was für Millionen Menschen nach Glück und Zufriedenheit klingt, ist für diese Regierung spürbar ein Alptraum. Jeder im Land spürt, wie sehr diese Leute uns und unser Leben verachten.

Nun wird ja gegen Positionen, die von der grünen und/oder linken Orthodoxie abweichen, gern eingewandt, es handle sich um Schwurbelei. An der oben gegebenen Passage prallen solche Vorwürfe ab, dazu ist sie handwerklich zu gut ausgeführt worden – das Wesentliche herausarbeitend.

Hier ab 8 Minuten, 29 Sekunden.

Karsten Dahlmanns: „Stefan George zwischen Antiamerikanismus und Anglophilie“ jetzt im OA verfügbar
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Karsten Dahlmanns: „Stefan George zwischen Antiamerikanismus und Anglophilie“ jetzt im OA verfügbar

Nach Ablauf der Schutzfrist ist mein Aufsatz über Antiamerikanismus und Anglophilie bei Stefan George jetzt im OpenAccess zugänglich. Sie finden ihn in der eLibrary des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht oder hier (PDF), außerdem – mit den Fußnoten des Originals als Endnoten – einige wenige Millimeter unterhalb dieser Vorrede. Viel Freude bei der Lektüre!

I

Stefan George war kein Freund der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer Bewohner. Kamen Land und Leute vor dem ‚Meister‘ zur Sprache, „rümpfte Man [George – K.D.] gleich die Nase.“[1] Während eines Tischgesprächs in Minusio bemerkte der Dichter, dass „Amerika […] wohl ungefähr dem entspräche was für die Griechen die Barbarei gewesen sei.“[2] Als zur Diskussion stand, ob Friedrich Wolters für einige Monate an eine amerikanische Universität gehen solle, sprach sich George dagegen aus: „nee, um Gottes willen – wenn man da nur ausspuckt, hinterläßt man viel zu viel geist – – die pa[a]r deutschen ideen davon lebt die welt sogar der sozialismus der schund – nicht mal den können sie hervorbringen“.[3] Denn „Geist gibt’s dort nicht.“[4]

Dies ist die radikalste Variante Georgescher Amerikaverdammung; eine geringfügig mildere Abart – von Ute Oelmann aus dem Nachlass herausgegeben – gesteht
zu, dass es in der Neuen Welt ‚Geist‘ gebe, dieser aber bloß als Unterhaltung oder ergänzende, oberflächliche Motivation zu weiterer Wirtschaftstätigkeit geduldet werde:

In Amerika ist die Erziehung zum Dollar, das geistige wird dort nur geduldet, weil┌obwol xxxxx┐es doch nötig┌könnte┐damit der Dollarmensch┌macher┐nicht einschläft. (weil es vielleicht doch dazu gehört)[5]

Ob nun die schärfere oder die mildere Variante als wesentlich für Georges Denken angenommen wird: in beiden Fällen fungieren die Vereinigten Staaten als eine Art Gegenwelt. Dort herrscht, was George nicht schätzt, und dorthin lassen sich Anhänger, die den ‚Meister‘ enttäuscht oder verärgert haben, abschieben. Entsprechend bemerkte George über Percy Gothein: „Früher hat man einem solchen Menschen ein paar hundert Mark in die Hand gedrückt und gesagt, geh übers große Wasser und verschwinde!“[6]

Ein entscheidender Zug Georgescher Amerikafeindschaft besteht darin, dass sie mit den tatsächlich existierenden Vereinigten Staaten allenfalls mittelbar zu tun hat. Dies zeigt die folgende, von Edith Landmann überlieferte Äußerung, in der den Menschen in der Neuen Welt jegliche Möglichkeit abgesprochen wird, sich zum Besseren zu entwickeln:

als er [George – K.D.] von einer grässlichen rosinenbrühe erzählte, die als kalifornischer wein ausgegeben wurde, und I. [Julius Landmann – K.D.] meinte, das habe seine zeit, in 200 jahren werde es da einen possiblen wein geben, er: nie wird es ihn geben, Lumpenpack sind sie, und lumpenpack werden sie bleiben. ich weiss auch warum. aber ich werde mich hüten es zu sagen sie sollen lumpenpack bleiben[.][7]

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Theodore Dalrymple: die „Respekt“-Bürokratie

Theodore Dalrymple liefert lohnende Bemerkungen über „Respekt“ an Universitäten (und anderswo), sowie über die besondere Art von Bürokratie, welche sicherstellen soll, daß er nicht mangle:

That all should be fair, open, aboveboard, that no one should ever experience discomfort because of what someone else says, that each should be shown equal signs or marks of respect, that no one should feel left out of anything, is an impossible pipe dream, as the most minimal reflection on experience should make evident.

What is possible, however, and what has eventuated, is a large and well-paid bureaucracy that has secured what it supposes to be its own eternity by the pursuit of such chimeras. Its work will never be done. The more cowed people are by regulations of their speech and conduct, the more microaggressions remain to be discovered and adjudicated. The task of securing diversity, equity, and inclusion is like the task of Sisyphus, with this difference: that in its very impossibility lies an assurance of a job, a pension, and a gratifying sense of doing the world’s work.

(Daß alle Leute fair, offen, aufrichtig sein mögen, daß niemand jemals Unwohlsein verspüren soll, weil jemand etwas Unschönes sagt, daß allen dasselbe Maß und dieselbe Art von Respekt entgegengebracht werden sollen, niemand aus irgendeinem Kreis ausgegegrenzt werden möge, ist eine völlig unrealistische Idee, wie bereits der kürzeste Blick auf die Erfahrungswirklichkeit klar machen sollte.

Was hingegen möglich und auch tatsächlich zustande gekommen ist, das ist eine umfängliche und großzügig entlohnte Bürokratie, die ihr eigenes Bestehen für ewig sichergestellt hält, indem sie die Verwirklichung solcher Schnapsideen anstrebt. Ihre Arbeit wird niemals abgeschlossen sein. Je einschneidender die Menschen durch Sprach- und Verhaltenskodizes eingeschüchtert werden, desto mehr Mikroagressionen bleiben übrig, um aus- und unschädlich gemacht zu werden. Die Gewährleistung von Vielfalt, Gleichheit und allgemeiner Teilhabe gleicht dem Schicksal des Sisyphus – mit dem entscheidenden Unterschied freilich, daß gerade in ihrer Unmöglichkeit die Garantie für einen Job, ein Gehalt und die befriedigende Aussicht liegen, dem Guten in der Welt zu dienen.)

Es lohnt sich, den gesamten Essay zu lesen.

G. K. Chesterton über Rudyard Kipling
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G. K. Chesterton über Rudyard Kipling

Es mag nicht schaden, aus Gilbert K. Chestertons Buch Heretics eine kaum anders als gewaltig zu nennende Stelle über Rudyard Kipling anzuführen, die – und was – natürlich nicht bloß mit Kipling zu tun hat:

He is a perfect master of that light melancholy with which a man looks back on having been the citizen of many communities, of that light melancholy with which a man looks back on having been the lover of many women. He is the philanderer of the nations. But a man may have learnt much about women in flirtations, and still be ignorant of first love; a man may have known as many lands as Ulysses, and still be ignorant of patriotism.

(Er ist ein vollendeter Meister jener gelinden Schwermut, mit der ein Mann darauf zurückblickt, Bürger vieler Gemeinwesen gewesen zu sein, jener gelinden Schwermut, mit der ein Mann darauf zurückblickt, der Liebhaber vieler Frauen gewesen zu sein. Er ist ein Schürzenjäger, was Völker und Länder angeht. Aber ein Mann kann viel über Frauen gelernt haben, während er mit ihnen Affären hatte, und trotzdem keine wirkliche, erste Liebe erlebt haben; ein Mann kann so viele Länder kennen wie Odysseus, und dennoch nicht wissen, was Patriotismus ausmacht.)

Manche „Anywheres“ fürchten sich, ein „Somewhere“ zu werden. Chesterton meint, ihnen fehle etwas – ein bindender Entschluß, vielleicht auch dasjenige, was zuweilen mit dem grauenhaft mißbrauchten Wort „Offenheit“ bezeichnet zu werden pflegt, die Bereitschaft nämlich, sich von seiner eigenen Zuneigung überwältigen zu lassen.

(Zitiert nach einer online verfügbaren Ausgabe des 1905 erschienen Werks. Die Passage findet sich in Kap. 3: On Mr Rudard Kipling and Making the World Small. Beitragsbild: Stockholm, Altstadt, Pixabay.)