Stil im Alltag

  • Kurt Schlichter: Ich armes Opfer Eures Hasses, Ihr Hasser

    As a person of absolutely no color who embodies an intersectional reality that includes my utter lack of genderfluidity and my unemployment-questioning, differently-veteraned, and non-pagan experiences, I am totally oppressed by progressivism’s hegemonic power structure. I am also the victim of a systemic system of hostile paradigms that denies my truth regarding my phallo-possessory identity.

    I bear a heavy burden in the form of my pasty, easily-sunburned skin. For too long, the fact that a previous Schlichter was booted out of Stuttgart in 1750 has meant that I have been subject to the hateful discourse of unabashed Fritzophobes. And that’s when society hasn’t stolen my Teutonic legacy outright. You are culturally appropriating my cold, emotionless people’s heritage every time you are punctual and efficient.

    Sie finden den Rest hier.

    (Bild: John Singer Sargent, Lord Ribblesdale.)

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    Unernst über Hanau

    Zwei Artikel der Welt beschreiben Massenprügeleien in Hanau. Beteiligt seien „sowohl Deutsche als auch Deutsche mit Migrationshintergrund und Ausländer“, dazu sog. Flüchtlinge. Ein Unbeteiligter von 38 Jahren wurde dabei so verprügelt, daß er möglicherweise blind wird.

    Es lohnt nicht, die Sache selbst zu kommentieren.

    Interessanter ist die äußere Form der Artikel.

    Da ist von „Krawallkids“ die Rede. Das ist rührend. Man scheint bei der Welt zu meinen, es handle sich um etwas größere Kinder, die ein wenig über die Stränge schlagen. Gleichzeitig wird behauptet, es sei ein Neunzehnjähriger festgenommen worden. – Ja, was denn nun? Kinder oder junge Männer?

    Vielleicht tun wir uns keinen Gefallen mit solcher Unklarheit. Um die Sache an einem Beispiel zu erklären: Mit neunzehn Jahren nahm Ernst Jünger am Ersten Weltkrieg teil, um mit dreiundzwanzig Jahren nicht weniger als den Pour le Mérite zu erhalten. Es ist denkbar, daß sich unsere Maßstäbe hinsichtlich grundlegender Dinge wie Lebensalter und -phasen seltsam verschoben haben, inzwischen durchweg verschroben sind.

    Drollig auch der Hinweis, die Beteiligten müßten „die Stärke des Staates zu spüren bekommen“. Sagt der Sozialdezernent in Hanau, Axel Weiss-Thiel, ein SPD-Mitglied. Das können wir uns vorstellen. Zumal gleich darauf das ganze „soziale“ Programm heruntergeleiert wird, einschließlich Gewaltprävention ab Kindergarten, die Poeten der Welt von einer „betreuungsintensiven Klientel“ schreiben.

    Über den Dünkel, auch den Rassismus, der in einem derartigen Nicht-Für-Voll-Nehmen verborgen ist, braucht kein Wort verloren zu werden.

    (Bild: J.M.W. Turner, Snow Storm: Steam-Boat off a Harbour’s Mouth, Wikipedia.)

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    Ein zivilisiertes Ad-hominem-Argument

    …präsentiert uns der gute Herr Fleischhauer bezüglich derjenigen, welche die Einwanderungspolitik der Regierung Merkel ablehnen. Sie seien – so wörtlich – „Asylapokalyptiker“; ein „ausgeprägtes Katastrophenbewusstsein“ kennzeichne sie. Darin glichen sie den verbissenen Atomkraftgegnern der achtziger Jahre.

    Es erfrischt, in der Diskussion um die „Flüchtlinge“ auch einmal auf ein elegant und geistreich – ja, geistreich: denn das ist der Vergleich zu den Atomkraft-Apokalyptikern – ausgeführtes Argument ad hominem zu stoßen. Zweifellos eine Wohltat im Vergleich zu dem ewigen „Pack!“- und „Nazi!“-Geschreie.

    Über le waldsterben und die – deutsche – Hysterie darum ließe sich ähnlich argumentieren.

    Gleichwohl bleibt ein adhominem-Argument ein adhominem-Argument: Es sagt herzlich wenig ad rem, zur Sache. Deshalb mangelt den Ausführungen des wackeren Herrn Fleischhauer jedwede Relevanz.

    Zumal die Besorgnis, auf die sich Herr Fleischhauer bezieht, im Unterschied zum deutschen Endzeit-Ökologismus eben kein spezifisch deutsches Phänomen darstellt. 

    (Bild: J. M. W. Turner, Selbstportrait (Ausschnitt), via Wikipedia.)

  • „Call for Papers“ des Monats

    Unter dem schönen Titel „Politicizing Women’s Bodies in the Merkel Age“ erscheint auf einer Kommunikationsplattform für Geisteswissenschaftler:

    Angela Merkel has been German chancellor for over a decade now; Germany also has a female defense minister. These facts do not mean, however, that sexism is gone from German politics, advertisement, everyday rhetoric and general assumptions about women, women’s roles, and women’s bodies. The aftermath of the attacks on women in Cologne on New Year’s Eve 2015 can serve as an example: Instead of a debate about antiquated rape laws, the incident was used as a political tool to push an anti-refugee and anti-immigrant agenda.

    „Antiquated rape laws“?  Soll das heißen, daß sie zu drakonisch oder daß sie zu milde seien? Würde Letzeres nicht sehr schnell zu neuen Vorwürfen führen, wenn ethnische oder Rassenquoten von Strafgefangenen kulturmarxistisch ausgeschlachtet werden?

    The politicization of women’s bodies became a racial issue as the infamous Focus and Süddeutsche Zeitung covers demonstrated. Here, the white bodies of German women were inappropriately touched by black hands who left their imprints on these bodies while the text focused on the women’s German identity and the migrant background of the assailants.

    That’s probably racist.

    In our panel we ask in what ways women’s bodies are coded and used as political weapons. We are interested in issues such as: women’s bodies that should reproduce (Herdprämie), women’s bodies that shouldn’t be touched by others (racialized discourse and anti-refugee rhetoric), women’s bodies that should or can be legislated (abortion), and women’s bodies that should be dressed (slut shaming, body shaming, dress codes) or rather undressed/unveiled (burqa/burqini).

    Die Ablehnung der Burka und ähnlicher Stoffgefängnisse ist also auch rassistisch, wenigstens aber sexistisch, ja?

    We also encourage contributions that take an opposite, empowering stance where women use their body to embody their resistance against sexism (in music, film, literature).

    Zählt zu solcherlei empowering auch die frohe und durchweg erhebende Botschaft, daß der Mythos vom pay gap zwischen Frauen und Männern auf nachlässiger oder „dienlicher“ Datenerhebung beruhe? Wenn die Umstände berücksichtigt werden, daß Schwangerschaften ausschließlich bei Frauen aufzutreten pflegen und viele junge Mütter es vorziehen, Zeit für ihr Neugeborenes zu haben, daß Männer längere Arbeitstage akzeptieren, daß Frauen und Männer innerhalb mancher Berufe – z.B. des Arztes oder Lehrers – unterschiedliche und also auch unterschiedlich bezahlte Spezialisierungen anstreben, verschwindet die vermeintliche Diskriminierung. Thomas Sowell bemerkt:

    As far back as 1971, single women in their thirties who had worked continuously since high school earned slightly more than men of the same description. As far back as 1969, academic women who had never married earned more than academic men who had never married.

    Aber gut, das geht ja hier um nur um Geld, also die Objektivierung, Ausbeutung, Verdinglichung des Einzelnen durch den Markt, den Kapitalismus, die Globalisierung etc. pp. blabla, vulgo: wirtschaftliche Unabhängigkeit und ein selbständig-selbstbestimmtes, „bürgerliches“ Leben. Also weniger Existentiales als women’s bodies.

  • Und dann ist sie da, diese Mischung aus Verwunderung, ehrlichem Bedauern und satanischem Gelächter

    Dann nämlich, wenn man beobachtet, wie ideologisch überhitzte Queckse von drei- oder viermal sieben Jahren, die „was mit Menschen machen“ wollen, und frisch geschiedene Damen in ihren späten Dreißigern oder frühen Vierzigern auf „sozialen“ Medien betreiben, was üblicherweise als Virtue Signalling bezeichnet wird, das Wiederkäuen abgestandener Mißverständnisse, Halb- und Viertelwahrheiten politisch-„sozialen“ Zuschnitts, ob mit Bild (als Meme) oder als farbunterlegter Text, außerdem das mechanische Für-Skandalös-Halten dieses oder jenes zumeist halbverstandenen Sachverhalts, von Personalien wie jener des unlängst gewählten(!) US-Präsidenten ganz abgesehen, um irgendeiner virtuellen Peer Group aus ähnlich umnachteten Seelen zu gefallen und sich dabei für originell und wagemutig – „befreit“ eben – zu halten, obschon vergleichbarer Unsinn schon hunderttausendfach in den logischen Raum geblasen worden ist und von jedem einigermaßen hellen Fleischergesellen oder Oberschüler, der ideologisch unverdorben geblieben ist, sonder Mühe widerlegt werden könnte. Regt sich unter Ihresgleichen kein echter, eigener, womöglich widerständiger Gedanke? Glauben unsere rotglühenden Jünglinge, glauben jene Frauenzimmer an das, was sie tun? Der Surrogat-Charakter ihrer Beschäftigung müßte ihnen doch aufgehen, das Abgeschmackte ihres Tuns, ihre eigene zugleich rührende, als auch ärgerliche Unbeholfenheit.

    (Bild: Frans Hals, Luitspelende nar.)