Ein zivilisiertes Ad-hominem-Argument
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Ein zivilisiertes Ad-hominem-Argument

…präsentiert uns der gute Herr Fleischhauer bezüglich derjenigen, welche die Einwanderungspolitik der Regierung Merkel ablehnen. Sie seien – so wörtlich – „Asylapokalyptiker“; ein „ausgeprägtes Katastrophenbewusstsein“ kennzeichne sie. Darin glichen sie den verbissenen Atomkraftgegnern der achtziger Jahre.

Es erfrischt, in der Diskussion um die „Flüchtlinge“ auch einmal auf ein elegant und geistreich – ja, geistreich: denn das ist der Vergleich zu den Atomkraft-Apokalyptikern – ausgeführtes Argument ad hominem zu stoßen. Zweifellos eine Wohltat im Vergleich zu dem ewigen „Pack!“- und „Nazi!“-Geschreie.

Über le waldsterben und die – deutsche – Hysterie darum ließe sich ähnlich argumentieren.

Gleichwohl bleibt ein adhominem-Argument ein adhominem-Argument: Es sagt herzlich wenig ad rem, zur Sache. Deshalb mangelt den Ausführungen des wackeren Herrn Fleischhauer jedwede Relevanz.

Zumal die Besorgnis, auf die sich Herr Fleischhauer bezieht, im Unterschied zum deutschen Endzeit-Ökologismus eben kein spezifisch deutsches Phänomen darstellt. 

(Bild: J. M. W. Turner, Selbstportrait (Ausschnitt), via Wikipedia.)

„Call for Papers“ des Monats

Unter dem schönen Titel „Politicizing Women’s Bodies in the Merkel Age“ erscheint auf einer Kommunikationsplattform für Geisteswissenschaftler:

Angela Merkel has been German chancellor for over a decade now; Germany also has a female defense minister. These facts do not mean, however, that sexism is gone from German politics, advertisement, everyday rhetoric and general assumptions about women, women’s roles, and women’s bodies. The aftermath of the attacks on women in Cologne on New Year’s Eve 2015 can serve as an example: Instead of a debate about antiquated rape laws, the incident was used as a political tool to push an anti-refugee and anti-immigrant agenda.

„Antiquated rape laws“?  Soll das heißen, daß sie zu drakonisch oder daß sie zu milde seien? Würde Letzeres nicht sehr schnell zu neuen Vorwürfen führen, wenn ethnische oder Rassenquoten von Strafgefangenen kulturmarxistisch ausgeschlachtet werden?

The politicization of women’s bodies became a racial issue as the infamous Focus and Süddeutsche Zeitung covers demonstrated. Here, the white bodies of German women were inappropriately touched by black hands who left their imprints on these bodies while the text focused on the women’s German identity and the migrant background of the assailants.

That’s probably racist.

In our panel we ask in what ways women’s bodies are coded and used as political weapons. We are interested in issues such as: women’s bodies that should reproduce (Herdprämie), women’s bodies that shouldn’t be touched by others (racialized discourse and anti-refugee rhetoric), women’s bodies that should or can be legislated (abortion), and women’s bodies that should be dressed (slut shaming, body shaming, dress codes) or rather undressed/unveiled (burqa/burqini).

Die Ablehnung der Burka und ähnlicher Stoffgefängnisse ist also auch rassistisch, wenigstens aber sexistisch, ja?

We also encourage contributions that take an opposite, empowering stance where women use their body to embody their resistance against sexism (in music, film, literature).

Zählt zu solcherlei empowering auch die frohe und durchweg erhebende Botschaft, daß der Mythos vom pay gap zwischen Frauen und Männern auf nachlässiger oder „dienlicher“ Datenerhebung beruhe? Wenn die Umstände berücksichtigt werden, daß Schwangerschaften ausschließlich bei Frauen aufzutreten pflegen und viele junge Mütter es vorziehen, Zeit für ihr Neugeborenes zu haben, daß Männer längere Arbeitstage akzeptieren, daß Frauen und Männer innerhalb mancher Berufe – z.B. des Arztes oder Lehrers – unterschiedliche und also auch unterschiedlich bezahlte Spezialisierungen anstreben, verschwindet die vermeintliche Diskriminierung. Thomas Sowell bemerkt:

As far back as 1971, single women in their thirties who had worked continuously since high school earned slightly more than men of the same description. As far back as 1969, academic women who had never married earned more than academic men who had never married.

Aber gut, das geht ja hier um nur um Geld, also die Objektivierung, Ausbeutung, Verdinglichung des Einzelnen durch den Markt, den Kapitalismus, die Globalisierung etc. pp. blabla, vulgo: wirtschaftliche Unabhängigkeit und ein selbständig-selbstbestimmtes, „bürgerliches“ Leben. Also weniger Existentiales als women’s bodies.

Und dann ist sie da, diese Mischung aus Verwunderung, ehrlichem Bedauern und satanischem Gelächter

Und dann ist sie da, diese Mischung aus Verwunderung, ehrlichem Bedauern und satanischem Gelächter

Dann nämlich, wenn man beobachtet, wie ideologisch überhitzte Queckse von drei- oder viermal sieben Jahren, die „was mit Menschen machen“ wollen, und frisch geschiedene Damen in ihren späten Dreißigern oder frühen Vierzigern auf „sozialen“ Medien betreiben, was üblicherweise als Virtue Signalling bezeichnet wird, das Wiederkäuen abgestandener Mißverständnisse, Halb- und Viertelwahrheiten politisch-„sozialen“ Zuschnitts, ob mit Bild (als Meme) oder als farbunterlegter Text, außerdem das mechanische Für-Skandalös-Halten dieses oder jenes zumeist halbverstandenen Sachverhalts, von Personalien wie jener des unlängst gewählten(!) US-Präsidenten ganz abgesehen, um irgendeiner virtuellen Peer Group aus ähnlich umnachteten Seelen zu gefallen und sich dabei für originell und wagemutig – „befreit“ eben – zu halten, obschon vergleichbarer Unsinn schon hunderttausendfach in den logischen Raum geblasen worden ist und von jedem einigermaßen hellen Fleischergesellen oder Oberschüler, der ideologisch unverdorben geblieben ist, sonder Mühe widerlegt werden könnte. Regt sich unter Ihresgleichen kein echter, eigener, womöglich widerständiger Gedanke? Glauben unsere rotglühenden Jünglinge, glauben jene Frauenzimmer an das, was sie tun? Der Surrogat-Charakter ihrer Beschäftigung müßte ihnen doch aufgehen, das Abgeschmackte ihres Tuns, ihre eigene zugleich rührende, als auch ärgerliche Unbeholfenheit.

(Bild: Frans Hals, Luitspelende nar.)

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Nafri vs. Nazi

In dem Kindergarten, der einstmals die Bundesrepublik Deutschland war, wird neuerdings über die Bezeichnung „Nafri“ gestritten. Sie sei rassistisch, wenigstens aber pauschalisierend.

Ferner wurde kritisiert, daß die Polizei „südländisch“ anmutende Personen überprüft, auch festgehalten habe. Man dürfe sich nicht am Erscheinungsbild von Menschen orientieren; auch das sei rassistisch, entmenschlichend, wenigstens aber pauschalisierend.

So also sieht er aus, der Lohn dafür, daß es der deutschen Polizei an Silvester mit viel Aufwand gelungen ist, sexuelle Übergriffe und sonstige Gewalttaten vor dem Dom in Köln und an anderen prominenten Orten zu verhindern. (Zu einschlägigen Übergriffen kam es anderswo in Deutschland und auch Österreich.)

Wunderbar: Tust du nix, bist du Versager. Tust du was – und mit Erfolg -, bist du Rassist. Das sind die (bislang) schönsten Blüten gutmenschlicher Dialektik.

Daß zuweilen der Eindruck von Rassismus entstehen kann, wo andere Größen wirken – kulturelle Unterschiede etwa, das Verhältnis zu Bildung und Arbeit, Achtung vor Frauen -, versteht sich dabei von selbst. Eben deshalb muß man es immer und immer wieder unterstreichen.

Und: Das ewige Pauschalisieren gegen Pauschalisierungen langweilt. Man sollte sich eingestehen, daß Vorurteile durchaus vernünftig sein können. Es kommt lediglich darauf an, sie fallibel zu halten – d.h. sie zu revidieren, wo die Erfahrungswirklichkeit dazu Anlaß gibt.

Darüber hinaus gilt: Seit wann haben denn all die Weltverbesserer, ob Linke oder Grüne, ein Problem mit Pauschalisierungen? Wer beschimpft Andersmeinende als „Populisten“, erhebt sich über deren „Stammtischparolen“, nennt besorgte Bürger der Bundesrepublik „Nazis“? Von „Pack“ ganz zu schweigen.

Tu quoque, Gutmenschle!

— Richtig, auch ich pauschalisiere. Doch habe ich eben nichts gegen Pauschalisierungen, jedenfalls nicht dort, wo keine empirischen Gründe gegen sie sprechen (s.o.).

Aha, und natürlich pauschalisiert ebenfalls so mancher Großschriftsteller und Dichter, an dessen Lektüre sich unsere grünen und sonstigen Bessermenschen mit strahlenden Augen erinnern. Zur bête noire gereicht nur allzuoft der „Bürger“. Jedenfalls dort, wo er nicht als Volltrottel belächelt wird. Wer daran zweifelt, möge mal wieder in seiner Hesse-Ausgabe blättern.

Pauschalisierung allerorten.

Ups, das war schon wieder eine.

Höchste Zeit also, erwachsen zu werden.

Thomas Sowell: „Diversity“ und Antisemitismus
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Thomas Sowell: „Diversity“ und Antisemitismus

Der in Deutschland viel zu wenig bekannte Nationalökonom Thomas Sowell berichtet über die antisemitischen Ursprünge des Begriffs „Diversity“. Damit erhalten wir einen weiteren Grund, uns von dieser fatalen Phrase nicht irremachen zu lassen:

Although diversity has become one of the leading buzzwords of our time, it has a history that goes back several generations. In the early twentieth century, the principle of geographic diversity was used to conceal bias against Jews in the admission of students to Harvard and other leading academic institutions.

Because the Jewish population was concentrated in New York and other east coast communities at that time, quota limits on how many Jewish students would be admitted were concealed by saying that Harvard wanted a diverse student body, consisting of students from around the Country.

Therefore some highly qualified Jewish applicants could be passed over, in favor of less qualified applicants from the midwest or other regions of the Country.

Das ist: Obwohl „Diversity“ eine der vorherrschenden Kampfbegriffe unserer Zeit ist, verfügt er über eine Geschichte, die mehrere Generationen zurückreicht. Im frühen zwanzigsten Jahrhundert wurde das Prinzip geographischer „Diversity“ gebraucht, um Mißgunst gegen Juden zu verdecken, die sich um die Aufnahme an die Universität von Harvard oder andere führende Hochschulen bewarben.

Da zu jener Zeit amerikanische Juden vor allem in New York und anderen Städten an der Ostküste wohnten, wurden Quoten festgelegt, die bestimmten, wie viele jüdische Studenten zugelassen wurden. Diese Quoten wurden durch die Behauptung bemäntelt, man wünsche eine Studentenschaft, die von „Diversity“ gekennzeichnet sei, das heißt aus allen Gegenden der Vereinigten Staaten stamme.

Mit dieser Begründung konnten einige hochqualifizierte jüdische Bewerber übergangen werden, um weniger qualifizierte Bewerber aus dem mittleren Westen oder anderen Landstrichen der USA aufzunehmen.