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Gleichförmigkeit und Eigenbrötelei

Richard Fernandez stellt fest, daß der Besuch einer renommierten Universität heute weniger der Bildung diene, als dem Auf-Linie-Bringen:

educational institutions have lately been focused on creating cultural clones of themselves. They are full of speech codes, no-go areas of inquiry, forbidden subject matter, and even banned books. All too often, you go to college to narrow your mind.

(Bildungsinstitutionen haben sich in letzter Zeit darauf konzentriert, Klone ihrer selbst zu produzieren. Sie sind voll von Sprachregelungen, Denk- und Forschungsverboten, und sie haben sogar Bücher verboten. Nur zu oft gehen junge Leute auf eine Universität, um ihren geistigen Horizont nicht zu erweitern, sondern zu verengen.)

Eine Alternative dazu sei Autodidaktentum, ein Streben nach Wissen außerhalb von Universitäten. Fernandez präsentiert eine Liste berühmter Autodidakten und beruft sich auf Elon Musk:

Elon Musk famously said “you don’t need college” to learn. 

(Wie allgemein bekannt, hat Elon Musk gesagt: Man braucht keine Hochschule, um zu lernen.)

Natürlich zeigt sich Fernandez vorsichtig. Der ‚unabhängige‘ Weg taugt nicht für jedermann. Bildungsentscheidungen sind, wie alle menschlichen Entscheidungen, Entscheidungen unter Risiko. Dergleichen kann auch schiefgehen. Deshalb gibt es eine schöne Entgegnung oder Parodie auf die abschließenden Verse des bekannten Gedichts „The Road Not Taken“ von Robert Frost:

I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.

(Ich nahm den Weg, den weniger Leute wählten, / und das hat all den Unterschied ausgemacht.)

Die Parodie lautet (in deutscher Sprache): „Ich nahm den Weg, den weniger Leute wählten, und jetzt weiß ich leider, leider nicht mehr, wo ich hingeraten bin.“

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David Hume Tower, gecancelled

Die Universität von Edinburgh wird eines ihrer Gebäude, den David Hume Tower umbenennen, weil der Philosoph Rassist gewesen sei. Das schien mir etwa dreißig Sekunden lang schlimm, bis ich gesehen habe, wie der so-gut-wie ehemalige David Hume Tower aussieht: ein Beton-Ungetüm (wie es leider viele gibt), mit dem assoziiert zu werden der große Philosoph nun wirklich nicht verdient hatte.

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Roger Scruton: Die Hexenjagd-Mentalität der politisch Korrekten

Hören Sie Roger Scruton über die Hexenjagd-Mentalität unserer Tage, die – oft genug durch Facebook, Twitter oder andere „soziale“ Medien bewehrt – manche Karriere auf dem Altar der politischen Korrektheit geopfert hat. Das ist soweit nichts Neues, wird aber doch von Sir Roger ergänzt um die Frage, wie denn eigentlich der (oder die) zu Opfernde ausgewählt werde, und den Hinweis, daß hier ein perverser Pay-off eine Rolle spiele: der Mob gewinnt in seiner Verfolgung ein Gefühl von Einigkeit, Verbundenheit, ja sogar Geborgenheit, indem er den „Bösewicht“ aussondert. Es dünstet also eine Art Nest- oder Stallwärme aus gemeinsamem Haß.

Hier ist der Podcast von knapp zehn Minuten Länge; hier ist der Text. Hörenswert auch Rabbi Jonathan Sacks zum Thema. Beides in englischer Sprache.

„Diversity, Equity, and Inclusion“ Statement

Professor Stephen Bainbridge legt einen Bericht darüber vor, in welcher Weise und welchem Maße seine Tätigkeit den Zielen „Diversity, Equity, and Inclusion“ gedient habe, bzw. diene. Seine Universität erwartet das von ihm. Wiewohl die Angelegenheit eher abschreckend wirkt – ausschließlich Bürokraten lieben Bürokratie -, lohnt sich die Lektüre. Denn Bainbridge weist auf vernachlässigte Mängel an „Diversity“ hin:

The groups that “account for most of the underrepresentation among racial, gender, religious, and ideological groups in law teaching” are Republicans (both male and female), Protestants, and Catholics. […]

At UCLA, we know that the campus as a whole leans substantially to the left. “A study of various university faculties showed that at Cornell the ratio of liberal to conservative faculty members was 166 to 6, at Stanford it was 151 to 17, at UCLA it was 141 to 9, and at the University of Colorado it was 116 to 5. Conservative students at UCLA have been “harassed, stalked, and threatened.”

(Die „am deutlichsten unterrepräsentierten Gruppen im Hinblick auf Rasse, Geschlecht/“soziales“ Geschlecht, Religion und Weltanschauung im Bereich der Juristenausbildung an Hochschulen“ sind Parteimitglieder und Anhänger der Republikaner (sowohl männlichen, als auch weiblichen Geschlechts), Protestanten und Katholiken. An der UCLA (Universität von Kalifornien, Los Angeles) ist uns klar, daß die gesamte Universität stark linkslastig ist. „Eine Erhebung an verschiedenen Fakultäten zeigt, daß in Cornell der Verhältnis von Progressivisten und Konservativen unter den Hochschullehrern 166 zu 6 beträgt; in Stanford liegt es bei 151 zu 17; an der UCLA ist es 141 zu 9 und an der Universität von Colorado 116 zu 5.“ Konservative Studenten an der UCLA wurden „belästigt, verfolgt und bedroht.“ – (Nachweise der Zitate im Zitat auf Bainbridges Homepage.))

Anschließend beschreibt Bainbridge, wie er beigetragen habe, diese Probleme beizulegen, etwa durch die Unterstützung konservativer und christlicher Studentenverbände. Einige der Reaktionen auf seinen „Diversity“-Bericht nennt der Professor hier und hier.

(Bild: Pixabay.)

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Rabbi Jonathan Sacks über „Cancel Culture“, menschliche Freiheit und Vergebung

Außerordentlich hörenswerte Bemerkungen von Rabbi Sir Jonathan Sacks über die grassierende „Cancel Culture“, das Zur-Strecke-Bringen tüchtiger Leute für Kleinig- und Nichtigkeiten, die teils weit zurückliegen, über den Zusammenhang von menschlicher Freiheit und Vergebung. Brillant ausgeführt, knapp und humorvoll, mit angemessener Schärfe, erstaunlich in seiner Tiefe – vom Banal-Politischen bis ins Religiöse (und Religiös-Existentielle) reichend. In englischer Sprache, von einer Viertelstunde Länge.

Universität ohne Gedankenfreiheit
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Universität ohne Gedankenfreiheit

Jakobiner sind nie zufrieden. So trägt auch der „Kampf gegen Rechts“ immer reichere Frucht: Kollektivisten und Fortschrittler, die de facto Rückschrittler sind, weil sie sich als die Hohepriester einer Gleichheits- und Ökoreligion gerieren, maßen sich an zu bestimmen, wer an oder auch nur in der weiteren Umgebung von deutschen Universitäten sprechen darf. Die Ereignisse um Bernd Lucke und Thomas de Maizière sind bekannt. Nun hat es das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE) getroffen. Eine internationale Konferenz, die, hochkarätig besetzt, nächste Woche in einem Münchner Hotel und Konferenzzentrum stattfinden sollte, wurde kurzfristig abgesagt. Aufgrund des Drucks von „Aktivisten“.

Unterdessen fragt eine Politikerin, die im Abgeordnetenhaus des Landes Berlin sitzt, wie es denn komme, daß aufgrund des „Mietendeckels“ kaum noch Neubauten in unserer glücklosen Hauptstadt begonnen würden. Nun, dafür dürften ebenjene Grundmechanismen der Markt- und Unternehmerwirtschaft (vulgo „Kapitalismus“) verantwortlich sein, von denen ein gewisser Anteil heutiger Erwachsener auf ihren noch unzureichend durchideologisierten Mittelschulen gehört haben dürfte. So schließt sich der Kreis. Wie ja auch das Jakobinertum nicht gerade eine Sternstunde von Staatsphilosophie und -kunst darstellt. Und, sofern lange genug am Ruder, jeden Staat fest und zuversichtlich auf den Weg Venezuelas führt – bis ganz nach unten.

Was tun? Vermögen bilden, kleine private Hochschulen aufbauen, an denen sich in Ruhe und Würde studieren und lehren läßt, dabei gesalzene Aufnahmegebühren als Filter einsetzen. Damit das Ambiente stimmt, außerhalb und innerhalb. Klöster für freie Geister schaffen, als praktische Benedikt-Option. Konfessionelle Bindung muß dabei nicht stören. Und wenn zu studieren ein „Recht“ sein soll – schon solche Verwechslungen zeigen, weshalb die Dinge den Bach heruntergehen -, nennen wir eben dasjenige, was auf den neuen kleinen und privaten Hochschulen geschehen soll, hübsch altertümlich: sich bilden.

Außerdem wäre es sicher nützlich, sich zu verdeutlichen: Wer „gegen Rechts“ kämpft, muß deshalb kein Kämpfer für die Freiheit sein. Nicht bloß der „rechte“ Totalitarismus ist gefährlich, sondern auch der „linke“ Totalitarismus (und alle weiteren seiner Formen), und wer ehrlichen Herzens auf diesen Umstand hinweist, relativiert in keiner Weise die abscheulichen Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten. In diesem Lichte erscheint die Formel „Kampf gegen Rechts“ als eine Verkürzung, die manches Übel hervorzurufen geeignet ist. Ob jene Verkürzung versehentlich unterlaufen oder als Element im weitesten Sinne marxistischer Propaganda gewollt sei, möge hier undiskutiert bleiben.

Was in der Bundesrepublik Deutschland wie in jedem anderen entwickelten Land, dessen Bürger in demokratisch verfaßter Freiheit leben wollen, tatsächlich auf dem Spiele steht, das bezeichnet nicht das Gegensatzpaar „nicht-rechts vs. rechts“, sondern es bezeichnen andere Gegensatzpaare, nämlich: „individuelle Freiheit vs. Kollektivismus“, „Freiheit von staatlicher Bevormundung vs. Paternalismus“, „Markt- und Unternehmerwirtschaft vs. Sozialismus“, „bürgerliche Lebensauffassung und Arbeitshaltung vs. Antirationalismus und politische Romantik“.

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Zu den „Klöstern für freie Geister“ vgl. Rainer Kolk, Literarische Gruppenbildung: Am Beispiel des George-Kreises 1890–1945, Tübingen 1998, S. 238. Die Sache geht auf Friedrich Nietzsche und Stefan George zurück, ist „aber“ weniger qualmig, als es scheinen mag.

Imperialismus immer schlecht?
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Imperialismus immer schlecht?

Eine der großen Ironien der Weltgeschichte, schreibt Thomas Sowell in seiner Studie Conquests and Cultures,  bestehe darin, daß mit Großbritannien die führende Sklavenhandel treibende Nation zur führenden Bekämpferin der Sklaverei wurde.

Wie Sowell in seiner überaus dicht geschriebenen Abhandlung ausführt, nahm der Widerstand gegen den Besitz von Sklaven und den Sklavenhandel seinen Ursprung im England und den englischen Kolonien des achtzehnten Jahrhunderts.  Im Jahre 1808 entschied das britische Parlament mit großer Mehrheit gegen den internationalen Sklavenhandel.

By then, ever-widening opposition to slavery led to petitions from all parts of the country arriving in London with hundreds of thousands of signatures from people of the humblest ranks to those of the titled nobility. This was unprecedented in an era before mass communications or mass transportation.

(Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die beständig anwachsende Gegnerschaft gegen den Sklavenhandel dazu geführt, daß aus allen Teilen des Landes Petitionen mit Hunderttausenden von Unterschriften in London eintrafen; sie waren von Menschen der niedrigsten Stände und von Vertretern des Hochadels unterzeichnet worden. Dies war in Zeiten ohne moderne Kommunikations- und Transportmittel etwas gänzlich Neues.) (Sowell, Conquests and Cultures, New York 1999, S. 92.)

Großbritannien wandte enorme Summen auf, um die Besitzer von Sklaven finanziell zu entschädigen, soweit sie sich auf dem Boden des britischen Imperiums befanden. Darüber hinaus übte man Druck auf andere Nationen aus:

Through political influence, economic bribes, and military threats, Britain was able to gain the acquiescence of many – though not all – nations to its boarding of their vessels on the high seas to search for slaves. Where slaves were found, they were freed and the vessels confiscated.

(Durch politischen Einflußnahme, Bestechung und militärische Drohungen erlangte Großbritannien die Erlaubnis der meisten – nicht aller – anderen Nationen, ihre Schiffe auf hoher See zu entern und nach Sklaven zu durchsuchen. Wurden Sklaven gefunden, wurden sie befreit und das Schiff beschlagnahmt.) (Ebd., S. 93)

Mit der Zeit schlossen sich die Franzosen und, nach dem Bürgerkrieg, auch die US-Amerikaner dieser Praxis an.

Eventually, the anti-slavery crusade took root in the moral consciousness of European civilization as a whole, even in despotic countries such as czarist Russia, which stamped out the slave trade in Central Asia.

(Schließlich übte der Kreuzzug gegen die Sklaverei einen bedeutenden Einfluß auf das moralische Bewußtsein der europäischen Zivilisation als Ganzes aus – selbst in einem despotischen Land wie dem Rußland der Zaren, das dem Sklavenhandel in Zentralasien ein Ende bereitete.) (Ebd.)

Ach, diese bösen Fakten! Wie schön ist es demgegenüber,  im Vollgefühl der eigenen Gerechtig- und Ahnungslosigkeit seiner sicher zu sein, daß die westliche Zivilisation auf den Müllhaufen der Geschichte gehöre.

Graphik: Pixabay.