Wolfgang Grupp: Unternehmertum und Verantwortung
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Wolfgang Grupp: Unternehmertum und Verantwortung

Vor zwei Wochen auf YT erschienen und bisher 2,8 Millionen Aufrufe: Die Rede von Wolfgang Grupp (Trigema) über sein eigenes Unternehmen und die ethischen Anforderungen an einen Unternehmer. Dabei berührt Grupp immer und immer wieder ein Thema, nämlich die Verantwortung des Unternehmers für diejenigen, welche für ihn arbeiten – teils schon in der zweiten oder dritten Generation, denn Treue und Verantwortung sind, so altmodisch dies in manchen Ohren klingen mag, zwei Enden eines Knotens. Grupp hält es für unstatthaft, in schlechten Zeiten Mitarbeiter hinauszuwerfen, die ihm in guten Zeiten geholfen haben, Geld zu verdienen.

Auf den Freiheitsfunken, einem Schwesterportal der Zeitschrift eigentümlich frei, bemerkt David Andres über Grupps Rede, er beschreibe Werte,

die jeder ehrenvolle Mann mit Liebe zur freien Wirtschaft nur unterschreiben kann. Volle Verantwortung für das eigene Tun und das unternehmerische Risiko. Keinerlei Anschnorren des Staates. […] Haftung mit dem letzten Cent des Privatvermögens. „Bevor Sie als Steuerzahler dafür herhalten müssen, habe ich nicht mal mehr ein Dach überm Kopf.“

Was ehemalige Großkunden seiner Firma Trigema, die Besitzer namhafter Warenhaus- und Versandhausketten angeht, nimmt Grupp kein Blatt vor den Mund. Sie seien arrogant gewesen, da unfähig, auf Wandel zu reagieren: „Diese A***löcher haben alle Pleite gemacht.“ (Nach 16 Min., 20 Sek. im Video.) Deshalb er ein eigenes Vertriebsnetz für Trigema aufbauen müssen, online und offline.

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Armut-Reduktion

Blauer Kasten: 2018 lebten annähernd 1,25 Milliarden weniger Menschen in extremer Armut als 1981 – 653 Millionen (2018) im Vergleich zu 1,9 Milliarden (1981).

Im Rahmen der Graphik: In extremer Armut lebt, wer max. 1,90 US-Dollar pro Tag ausgeben kann (angeglichen an die Kaufkraft eines US-Dollars im Jahr 2011).

Text ganz oben: Dies ist die erstaunliche Verringerung der weltweiten Armut um 80%. Im Jahr 1981 lebten 42,3% der Menschen in Armut, 2018 8,6% Es brauchte wahrscheinlich 1000 Jahre, um den Anteil der Armen von 84% auf 42% im Jahr 1981 zu halbieren, dann 24 Jahre, um ihn auf 21% im Jahr 2005 zu verringen, und dann nur noch 10 Jahre, diesen Wert erneut zu halbieren – auf 10% im Jahr 2015.

„Nein, nein! das kann nicht seyn!“ (Wolfgang Amadeus Mozart & Emanuel Schikaneder, Die Zauberflöte, erster Aufzug, erster Auftritt)

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Verfehlte Schuldzuweisung

Alexander von Schönburg bespricht in Cato 3/2019 Michael Houellebecqs Serotonin. Dabei zitiert er eine Passage aus dem Roman des französischen Schriftstellers, in der am Beispiele Spaniens von Rollkoffern und deren Vorgängern die Rede ist, welche getragen werden mußten, sofern nicht eigens dafür bestallte Kofferträger diese Aufgabe übernahmen: „Wie alle Länder des abendländischen Europas“ habe sich Spanien „in einem tödlichen Prozeß der Produktivitätssteigerung“ verfangen und „Stück für Stück aller nichtqualifizierten Tätigkeiten entledigt, die einst dazu beigetragen hatten, das Leben etwas weniger unerfreulich zu gestalten, und im gleichen Zug den Großteil seiner Bevölkerung zur Massenarbeitslosigkeit verdammt.“ Von Schönburg nimmt den Faden Houellebecqs auf: der Siegeszug des Rollkoffers und das Verschwinden das Kofferträgers stünden „stellvertretend für die Häßlichkeit unserer praktisch-effizienten Gegenwart, einer Welt, die sich aufteilt in die Habenden, die mit ihrer Vielfliegerkarte durch die Gegend jetten, auf der einen und die zur Unsichtbarkeit verurteilte Masse auf der anderen Seite, die mit Sozialhilfe abgefunden“ werde. Letztere werde „zu einem Leben in sozialer und kultureller Isolation gezwungen“.

So weit, so gut. Natürlich ist an der Opposition zwischen den „Somewheres“ und den „Anywheres“ etwas dran. Aber – und das ist ein wichtiges Aber – es liegt keinesfalls an der Markt- und Unternehmerwirtschaft mit ihren Vorstellungen von Produktivität und Effizienz, dem bösen, bösen Kapitalismus, daß es keine Kofferträger mehr gibt. Sondern an staatlichen Eingriffen. Die Kofferträger sind durch Mindestlohn-Gesetze und andere Formen der Sozialgesetzgebung, die „nichtqualifizierte Tätigkeiten“ (Houellebecq) teurer und teurer machen, aus dem Markt gedrängt – vulgo: um Lohn und Brot gebracht worden. Nicht der Kapitalismus, sondern der europäische Sozialstaat wäre zur Verantwortung zu ziehen.

Allgemeine Nutzanwendung: Kulturkritik sollte nicht auf verfehlten Prämissen beruhen. Sonst drohen verfehlte Therapie-Vorschläge.

(Alle Zitate: Cato 3/2019, S. 66.)

Schoeck über Adorno
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Schoeck über Adorno

Helmut Schoeck bemerkt über Theodor W. Adorno und die, von dort betrachtet, dunklen Seiten der Suhrkamp-Kultur:

Ausgerechnet dem Starkritiker und Verächter der gewinnorientierten Privatwirtschaft, Theodor W. Adorno, bestätigte Joachim Günther im Nachruf in der „Frankfurter Allgemeinen“, wie sehr Adorno ein Kapitalist war, der auch noch den letzten Pfennig aus seinem Kapital zu pressen wußte. Er bewunderte nämlich Adornos „ausgebreitete außerakademische Schriftstellerei und Vortragstätigkeit, bei der sich beide Produktionsweisen so kombinierten, daß er alle Medien der Geistesvermittlung nacheinander mit wortgetreu denselben Texten beliefern konnte, erst Vortrag oder Diskussionsbeitrag, dann Radiosendung, dann Zeitschriften- oder Zeitungspublikation, dann Buch“. Auf jeder Stufe kassierte Adorno, der Spätmarxist, der sein Urheberrecht kannte, und seine Erben können es bis zum Jahr 2040, ohne einen Finger zu rühren. Und gerade diese Erben machen das gute Gewissen der Genossen noch unerklärlicher.

Was soll man sagen? Capitalism for me – but not for thee. Oder: Tu, was ich rede. Ignorier, was ich tu.

(Helmut Schoeck, Die Lust am schlechten Gewissen, Freiburg im Breisgau, 1973, S. 135. Bild: J.M.W. Turner, Burning Ship, Wikipedia.)

Bovine Klarstellung

Bovine Klarstellung

Gewöhnlicher Kapitalismus: Du hast zwei Kühe. Du verkaufst eine und kaufst einen Bullen. Dein Viehbestand wächst, und die Wirtschaft wächst auch. Du verkaufst Dein Vieh und setzt Dich nach dem Einstreichen des Gewinns zur Ruhe.

Bürokratie-Herrschaft: Du hast zwei Kühe. Der Staat konfisziert beide, tötet eine, melkt die andere und gießt die Milch weg.

H/T: NewstalkZB via imgur.

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Glaube, Vertrauen und Wohlstandserwerb

David P. Goldman (Spengler) mit faszinierenden Bemerkungen über den Glauben und das Vertrauen als Bedingungen für den modernen Kapitalismus. Adam Smith‘ unsichtbare Hand ist nicht genug, so Goldman, denn „Kredit“ kommt von „credere“:

Nowhere in the pagan world […] do we meet a God who offers his laws (the Torah) to a people, as YHWH did at Mount Sinai, and ask that people’s free assent to accept these laws. […] That is the origin of faith, emunah in Hebrew, meaning loyalty as well as belief.

Gläubig zu sein, heißt: sein Wort halten. Und zwar auch jenseits der Bande von Familie und Freundschaft, Dorf und Volk:

That is the Jewish genius: to be able to inspire faith (or what is usually called “confidence” in markets) to make possible long-term investments in capital markets involving millions of participants. The investors in a bond or stock issue are not linked by ties of family or personal loyalty, but rather by contract, law and custom. Their obligations extend beyond the ancient loyalties of family and clan. That may seem obvious on first reflection. But most countries in the world lack functioning capital markets, because faith is absent. […] In backward countries, trust is inconceivable outside the narrow circle of blood relations. Firms remain small because trust is restricted to family members.

Kapitalismus (wenn denn dieses Wort gebraucht werden muß) funktioniert also am besten dort, wo Glaube Vertrauen stiftet, nicht aber dort, wo  – wie manches Klischee will –  mit dem Glauben das Vertrauen schwindet.

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