Wien – Berlin

Der lebensphilosophisch-ästhetische Kontrast unserer beiden Hauptstädte im deutschsprachigen Raum, Wien (Österreich) und Berlin (Bundesdeutschland), könnte erstaunlicher kaum ausfallen. Es wäre segensreich, ausgewählte Partien von Berlins Einwohnerschaft – sogenannte Funktionseliten eingeschlossen, aber nicht bloß sie, sondern auch Busfahrer, Rezeptionistinnen usw. – im Turnus zu Pflichtaufenthalten in Wien zu verdonnern, damit sie lernen, wie man spricht, ohne sein Gegenüber wie auf einem Kasernenhof anzuschnarren.

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Deutschland im November: drei Vignetten aus einem reichen Land

I

Werktag, zwischen 21.00 und 22.00 Uhr: Fahrt mit der S-Bahn von Hamburgs Flughafen zum Hauptbahnhof. Dreimal angebettelt – allerdings nicht individuell, sondern im Kollektiv, da jeder der drei an verschiedenen S-Bahnhöfen einsteigenden Bettler sich an sämtliche Fahrgäste zugleich wandte, dabei Blickkontakt vermied. Außerdem liefen zwei Flaschen- und Dosensammler durch den Wagen, die kleinen Abfallbehälter unter den Fenstern prüfend. Einer jung, mit allen Symptomen schwerer Drogensucht; er bewegte sich durch das Abteil, als sei außer ihm und den Dämonen, die ihn zerfleischen, niemand anwesend. Der andere, zwei-drei Stationen später eingestiegen, ein älterer Mann, sauber und vergleichsweise gepflegt wirkend. Er bat um Nachsicht, daß er zwischen meinem Gegenüber und mir an den Abfallbehälter wollte.

II

Eine Kleinstadt in Weser-Nähe, Flaschenrückgabe bei einem Discounter. Ein verwahrlostes Paar in zerknitterten Regenjacken, älter, doch nicht wirklich alt, schiebt Getränkedosen und Plastikflaschen für weit über zwanzig Euro auf das Band des Rücknahme-Automaten, die sie aus riesenhaften, breiten Tüten aus recht kräftigem Plastik ziehen. Das dauert natürlich. Die Beiden sondern beißenden Gestank ab, der so schnell nicht aus dem fensterlosen Raum abziehen wird – der automatischen Türen wegen.

III

Zwei Wochen später. Eine andere, größere Stadt zwischen Aller und Elbe, ein ‚besserer‘ Supermarkt. Wieder eine stark stinkende Person am Rücknahme-Automaten, eine zierliche ältere Dame mit grauem Haar. Sie muß einmal sehr attraktiv gewesen sein. Ihr Haar klebt an ihrem Haupt, dürfte wenigstens zehn Tage nicht gewaschen worden sein. Alles an ihr ist speckig und klebt bei Berührung, so die Henkel einer der gewaltigen Plastiktüten, die berührt zu haben ein Mann mittleren Alters – Typus Handwerker – bedauert, nachdem er, der Dame helfend, die Angelegenheit vorantreiben wollte. Umgängliches Lächeln, ein Nicken zu mir, diskretes Abreiben der Finger. Der Einwurf stockt, weil die Frau am Automaten zunehmend fahriger wirkt und nicht zu verstehen scheint, weshalb – oder auch bloß: daß – der Automat die Annahme einiger Dosen oder Flaschen verweigert. Nach einigen Versuchen wird die Taste für den Pfandbon gefunden. Eine Verkäuferin eilt herbei: „Komm her, ich zahl es dir aus.“

Geschwurbel & Geschwätz

Geschwurbel & Geschwätz

Die grassierende Übellaunigkeit in der deutschsprachigen Welt (real und online) ließe sich vermutlich mildern, wenn wir davon absehen würden, unliebsame Meinungen als „Geschwurbel“, „Geschwätz“, „Gelaber“ usw. abzutun, von „Hass“ und „Hetze“ gar nicht erst zu sprechen. Wenn ein Mensch eine Auffassung äußert, der wir widersprechen möchten, kann das in würdiger Weise geschehen. Er sagt etwas, vertritt seine Sicht der Dinge, argumentiert so oder anders, folglich verdient er ein Gegenargument, eine Widerlegung ad rem (in der Sache), keine Beschimpfung, die seine Vernunftfähigkeit oder gar sein Menschsein in Abrede stellt.

Das ist doch nicht so schwierig. Und es würde dazu beitragen, das bisserl Kultur zu erhalten, welches uns geblieben ist.

(Beitragsbild: Francisco Goya, Bartolomé Sureda y Miserol, um 1803/1804 (Ausschnitt). National Gallery of Art (USA), gemeinfrei. )

Die Kavallerie kommt nicht!

Die Kavallerie kommt nicht!

Höchste Zeit, liebe Landsleute, erwachsen zu werden.

Willentlich hochgetriebene Energiepreise treiben hunderttausende Bürger in Armut und Elend? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Die Energiewende vernichtet die bundesdeutsche Wirtschaft? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Viele Schüler in Deutschland können kaum lesen, schreiben und rechnen? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Manche Fakultäten deutscher Universitäten geraten von Stätten ergebnisoffenen Forschens zu bolschewoken Kaderschmieden? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Junge (und erschütternd viele dem Jahrgang nach reife) Menschen verwechseln Emotion und Argument, halten Klimahysterie und sonstige Übersteigerungen für einen Ausweis von Tugend und Klugheit? – Es wird keiner herbereiten, der Euch rettet.

Scharen Hochqualifizierter verlassen die Bundesrepublik? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Schwierigkeiten, die Geltung bundesdeutscher Gesetze in einigen Großstädten des Landes durchzusetzen? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Rußland mit Regime Change-Phantasien dauerhaft antagonisiert? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Eine Bundeswehr, deren Panzer selten fahrtüchtig, Flugzeuge und Hubschrauber selten flugtauglich sind? – Es wird keiner herbeireiten, der Euch rettet.

Die Kavallerie kommt nicht. Sie ist anderweitig beschäftigt. Die USA – und an sie denkt man ja typischerweise, wo von Kavallerie die Rede ist – haben ihre eigenen Probleme, äußerst gravierende übrigens, die zu überwinden wenigstens ein Jahrzehnt, vermutlich aber länger, dauern wird. Ihr seid allein, Landsleute. Und genau diese Einsicht ist der erste Schritt in Richtung Erwachsen-Werden.

(Beitragsbild: Pixabay.)

Julian Reichelt: Das Glück der Leute ist der Alptraum der Regierung

In aller Klarheit auf den Punkt gebracht, bespricht Julian Reichelt das große Schisma zwischen Bürgern und Regierung in der Bundesrepublik Deutschland:

Das Land will diese Regierung nicht mehr. Warum nicht? Ganz einfach. Das Land spürt, daß diese Regierung die Bürger nicht will. Uns nicht so will, wie wir sind. Der Regierung paßt nicht, wie wir leben. Nach Mallorca fliegen, Bratwurst auf’m Grill, gutes Auto – was für Millionen Menschen nach Glück und Zufriedenheit klingt, ist für diese Regierung spürbar ein Alptraum. Jeder im Land spürt, wie sehr diese Leute uns und unser Leben verachten.

Nun wird ja gegen Positionen, die von der grünen und/oder linken Orthodoxie abweichen, gern eingewandt, es handle sich um Schwurbelei. An der oben gegebenen Passage prallen solche Vorwürfe ab, dazu ist sie handwerklich zu gut ausgeführt worden – das Wesentliche herausarbeitend.

Hier ab 8 Minuten, 29 Sekunden.

„Leistungsloses“ Erbe?

Dushan Wegner über getwitterte Einlassungen unseres Gesundheitsministers Karl Lauterbach, bei einem Erbe handle es sich um „leistungsloses“ Einkommen:

Wer in Deutschland alleinstehend ist und aus Freude an der Leistung gearbeitet hat, der wird demotiviert und quasi wie ein Staatsfeind behandelt – die Auswanderung der Hochqualifizierten geht leider weiter.

Wer aber (bereits) Familienmensch ist und seinen Kindern etwas weitergeben möchte, dem wird nicht nur jeder Schritt Maximal schwer gemacht. Wenn er eines Tages das Erarbeitete den Kindern weitergeben will, will der gierige Staat ihm seine Lebensleistung wieder wegnehmen.

Gut auf den Punkt gebracht – hier.

Wolfgang Grupp: Unternehmertum und Verantwortung
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Wolfgang Grupp: Unternehmertum und Verantwortung

Vor zwei Wochen auf YT erschienen und bisher 2,8 Millionen Aufrufe: Die Rede von Wolfgang Grupp (Trigema) über sein eigenes Unternehmen und die ethischen Anforderungen an einen Unternehmer. Dabei berührt Grupp immer und immer wieder ein Thema, nämlich die Verantwortung des Unternehmers für diejenigen, welche für ihn arbeiten – teils schon in der zweiten oder dritten Generation, denn Treue und Verantwortung sind, so altmodisch dies in manchen Ohren klingen mag, zwei Enden eines Knotens. Grupp hält es für unstatthaft, in schlechten Zeiten Mitarbeiter hinauszuwerfen, die ihm in guten Zeiten geholfen haben, Geld zu verdienen.

Auf den Freiheitsfunken, einem Schwesterportal der Zeitschrift eigentümlich frei, bemerkt David Andres über Grupps Rede, er beschreibe Werte,

die jeder ehrenvolle Mann mit Liebe zur freien Wirtschaft nur unterschreiben kann. Volle Verantwortung für das eigene Tun und das unternehmerische Risiko. Keinerlei Anschnorren des Staates. […] Haftung mit dem letzten Cent des Privatvermögens. „Bevor Sie als Steuerzahler dafür herhalten müssen, habe ich nicht mal mehr ein Dach überm Kopf.“

Was ehemalige Großkunden seiner Firma Trigema, die Besitzer namhafter Warenhaus- und Versandhausketten angeht, nimmt Grupp kein Blatt vor den Mund. Sie seien arrogant gewesen, da unfähig, auf Wandel zu reagieren: „Diese A***löcher haben alle Pleite gemacht.“ (Nach 16 Min., 20 Sek. im Video.) Deshalb er ein eigenes Vertriebsnetz für Trigema aufbauen müssen, online und offline.

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Vom Reiz des Verbietens
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Vom Reiz des Verbietens

Fritz Vahrenholt macht darauf aufmerksam, daß der auf 130 bis 225 Milliarden Euro Kosten geschätzte Wärmepumpen-Einbauzwang selbst dann unnötig ist, wenn man sich die Klimaschutz-Agenda zu eigen macht. „Nicht-zielführend“, wie es im Jargon der Gremienprofis heißt.

Vahrenholt konkretisiert: Werden bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen eingebaut, sind rund 150 Milliarden Euro zu veranschlagen – für eine Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes in der Bundesrepublik von 10,4 Millionen Tonnen. Er kommentiert:

Eine ähnliche CO2-Verminderung würde man erreichen, wenn man ein einziges Braunkohlekraftwerk mit CO2-Abscheidung ausrüsten würde. Das Kraftwerk Schwarze Pumpe emittiert etwa 12 Millionen Tonnen CO2 und würde mit einer Investition von 600 Millionen Euro CO2-frei. Pro Tonne CO2 sind das 50 Euro an Investitionskosten.

Der letztgenannte Wert ist mit dem Ergebnis des Wärmepumpen-Experiments zu vergleichen:

14.423 Euro (150 Milliarden Euro geteilt durch 10,4 Mio. t CO2).

Die Angelegenheit zeigt wieder einmal: Unseren Grünen geht es nicht um eine praktikable Lösung von Problemen – sofern man, was hier zugestanden sei, den Kohlendioxid-Ausstoß überhaupt als Problem ansehen möchte. Es geht ihnen ums Prinzip. Und dieses Prinzip heißt: Freude am Verbieten.

Freude am Verbieten. Sie ist im Privaten, Beruflichen und in der Politik zu verwirklichen, je nach Anspruch und Zugriff. Vom „gesellschaftlichen Engagement“ eines talentlosen Teenagers, der seinen Altersgenossen Frohsinn und Begabung neidet, über die Ernährungsregeln einer verbissenen Öko-Mama – „nenn mich Tanja, Kind“ – und, am Arbeitsplatz, Kampagnen des Zuschnitts „… ohne Plastik“ bis hin zu radikalem Durch-, Hinein- und Kaputtregieren, das von den Eigentumsrechten der Bürger nichts wissen will und deren Lebensleistung vernichtet.

Freude am Verbieten ist Freude an Verelendung und Untergang – erst der anderen, dann seiner selbst. Ginge es unseren Grünen tatsächlich um die Abwendung drohender Übel, würde nicht von Wärmepumpen, sondern von Kohlendioxid-Abscheidungen für Kohlekraftwerke und von neuen Kernkraftwerken die Rede sein.

Freude am Untergang. Bis zum Letzten konsequent. Vielleicht traben deshalb die Stabreime an: Wärme-Wende, Heizungs-Hammer, Wärmepumpen-Wahn…

(Bild: Unsplash.com.)