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    Jacek Gniadek: Pseudo-Wohltätigkeit

    Der katholische Priester Jacek Gniadek – Verfasser eines interessanten Buchs über Johannes Paul II und Ludwig von Mises – konstatiert bezüglich der Frage, was keine Wohltätigkeit bilde:

    Rozdawanie cudzej własności nie jest dobroczynnością. (Das Verteilen fremden Eigentums ist keine Wohltätigkeit.)

    Nicht alle, aber doch viele Steuern sind Raub. Namentlich jene, die zur Finanzierung ’sozialer‘ Wohltaten, von Umerziehung und sonstigem DOGE-würdigen Gedöns dienen. Daß dergleichen überhaupt betont werden muß, weist auf die moralische Verwirrung unserer Zeit hin…

  • Unseren neuerdings Kriegsbegeisterten

    I

    Kurios wirkt der anschwellende Kriegsgesang in Kreisen, die lange als antimilitaristisch oder pazifistisch aufgetreten sind, nun aber „ihren“ Remarque in die zweite Reihe der Hausbibliothek verdammen. Ist denn auf gar nichts mehr Verlaß? Habe ich all die Friedensbarden mit ihrem verquälten Geschrammel, ihrer gewohnheitsmäßigen Versmaß-Vergewaltigung, ihren hirnspaltend dümmlichen Reimen usw. ertragen, ohne auf dauernden Gewinn hoffen zu dürfen?

    II

    Man will im Verbund mit „bürgerlichen“ Kräften die Bundeswehr kampftauglich machen. Die Strategie lautet, wie so oft: Den Geldhahn aufdrehen, und gut is‘. Wo aber sollen – wie mit Gunnar Heinsohn eingewandt werden darf – ausreichend junge Männer (und Frauen) herkommen, um das Kriegsgerät zu handhaben? Mal einen Blick auf die Jahrgangsstatistiken, auf die Familienstruktur, die Häufigkeit von Einzelkindern geworfen? Und wenn es zum Schlimmsten kommt: wie lang dürften Verlustlisten sein, die von der bundesdeutschen Öffentlichkeit verkraftet würden? Man erinnere sich an die Verwerfungen durch die rund 58.000 Toten des Vietnam-Krieges in den weit bevölkerungsreicheren USA.

    III

    Lebten wir nicht kürzlich noch in einer postheroischen Gesellschaft? Wurde nicht kürzlich noch Monika Maron der Rechtsabweichung geziehen, weil ihre Romane Munin (2018) und Artur Lanz (2020) die Unabkömmlichkeit männlich-kämpferischer Tugenden sowie die Ahnung, in einer Vorkriegszeit zu leben, berührten? Die (post)moderne Mediengesellschaft erweist sich als höchst flexibel, aber nicht in einem guten, an der Erfahrungswirklichkeit orientierten Sinne, der mit Lernfähigkeit und vernünftiger Einschätzung der Lage gleichbedeutend wäre; sie macht Stimmungen – abrupt und beliebig, mit einem kaum zu leugnenden Einschlag ins Hysterische.

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    Max Weber: die Windbeutelei der moralisch Erregten

    [W]enn jetzt in diesen Zeiten einer, wie Sie glauben, nicht „sterilen“ Aufgeregtheit – aber Aufgeregtheit ist eben doch und durchaus nicht immer echte Leidenschaft -, wenn da plötzlich die Gesinnungspolitiker massenhaft in das Kraut schießen mit der Parole: „die Welt ist dumm und gemein, nicht ich, die Verantwortung für die Folgen trifft nicht mich, sondern die andern, in deren Dienst ich arbeite, und deren Dummheit oder Gemeinheit ich ausrotten werde“, so sage ich offen: daß ich zunächst einmal nach dem Maße des inneren Schwergewichts frage, was hinter dieser Gesinnungsethik steht, und den Eindruck habe: daß ich es in neun von zehn Fällen mit Windbeuteln zu tun habe, die nicht real fühlen, was sie auf sich nehmen, sondern sich an romantischen Sensationen berauschen.

    Max Weber, Politik als Beruf, München und Leipzig 1919, S. 64-65.

    (Bild: Max Weber im Jahr 1918, Wikipedia, gemeinfrei.)

  • USAID: Kürzung um 83 Prozent

    Wie Marco Rubio am 10. März 2025 Jahres mitteilt, werden 83 Prozent der USAID-Programme offiziell eingestellt. Man habe Hunderte Milliarden Dollar für Maßnahmen ausgegeben, die den Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika nicht dienten oder ihnen sogar zuwiderliefen.

    Schöne Sache! Sie erinnert mich an ein Gespräch in Südwestdeutschland, in dem ich – es ist einige Jahre her – von einigen Gutwissern & Bessermenschen für die Auffassung gescholten wurde, die meisten Staatsausgaben der Bundesrepublik Deutschland seien einsparbar. „Flapsig“ sei, was ich da sagte, und mein Charakter bedenklich.

    Dabei unterliegt doch keinem Zweifel: was den Staat angeht, brauchen wir „Mut zum radikalen Rückschnitt“, wie Peter Holzer formuliert. Der Bürokratie-Wildwuchs muß beendet werden. Und mit ihm die bestenfalls nutzlosen Bevormundungs-, Entwicklungs- und „Kultur“-Programme halb- oder mehr als halbstaatlichen Zuschnitts, die in seinem Schatten wuchern.

    DOGE it!

    (Beitragsbild: Domenico Tintoretto, Portrait von Marino Grimani, Doge von Venedig (1532-1560). Cincinnati Art Museum, nach Wikimedia Commons, gemeinfrei.)

  • Wien – Berlin

    Der lebensphilosophisch-ästhetische Kontrast unserer beiden Hauptstädte im deutschsprachigen Raum, Wien (Österreich) und Berlin (Bundesdeutschland), könnte erstaunlicher kaum ausfallen. Es wäre segensreich, ausgewählte Partien von Berlins Einwohnerschaft – sogenannte Funktionseliten eingeschlossen, aber nicht bloß sie, sondern auch Busfahrer, Rezeptionistinnen usw. – im Turnus zu Pflichtaufenthalten in Wien zu verdonnern, damit sie lernen, wie man spricht, ohne sein Gegenüber wie auf einem Kasernenhof anzuschnarren.

  • Neuerscheinung: Stefan George, „Gwiazda przymierza“

    Stefan Georges Gedichtband Der Stern des Bundes (1914) in polnischer Sprache. Übertragung (S. 5-117): Wojciech Kunicki. Einführung und Kommentar (S. 121-221): Karsten Dahlmanns. Bemerkungen zur polnischen George-Rezeption (S. 223-247): Beata Rudy.

    Warschau: Fundacja Evivva L’arte 2025, 256 Seiten, 45 PLN.

    Weitere Informationen auf den Seiten des Verlags.

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    Bemerkungen zu Stefan Georges „Der Stern des Bundes“ und einigen Übertragungen ins Polnische

    Stefan Georges Gedichtband Der Stern des Bundes, im Jahre 1914 vor Kriegsausbruch erschienen, ist ein besonders umstrittenes Werk eines ohnehin umstrittenen Dichters. Georges Schaffen und die Anekdoten über sein Leben, seine elitäre Haltung usw. rufen Emotionen hervor, die, zum Teil auf Fehleinschätzungen noch zu Lebzeiten Georges beruhend (Karlauf 2007: 416–417), den Blick auf ihn und seine Leistungen verstellen. Daher empfiehlt sich ein dezidiert sachlicher Umgang, der Ungereimtheiten (‚Inkonsequenzen‘‚ ‚Widersprüche‘ etc.) im Leben und Denken
    des Dichters zur Kenntnis nimmt – etwa den Umstand, dass der gestrenge, ja unbotmäßig radikale Kulturkritiker zugleich ein talentierter Unternehmer war, der es verstand, mit den Mitteln von Subskription und künstlicher Verknappung, Buch-kunst und Typographie, Portraitphotographie und dem, was heute als Networking bezeichnet würde, die Marke „Stefan George“ aufzubauen (Dahlmanns 2016: 212–250). Außerdem sammelte der eben nur scheinbar weltfremde Poet des L’art pour l‘art mit Friedrich Gundolf, Ernst Kantorowicz u.a. „exzellente Talente“ um sich, „die sich bei ihm in die Lehre begaben“ und mit ihren Gestaltbiographien „Meisterleistungen“ vollbrachten: „sprachlich brillant, beinahe wie eigenständige Kunstwerke instrumentiert, voller Genieblitze und durchaus ernstzunehmender psychologischer sowie interpretatorischer Einsichten“ (Światłowski 2001: 116).Der vorliegende Aufsatz führt zunächst in den Band Der Stern des Bundes ein, indem er einige seiner formalen und inhaltlichen Züge bespricht, außerdem seine Beziehungen zu anderen Werken Georges beschreibt. Dies kann hier natürlich nur stark verkürzt geschehen. Anschließend werden ausgewählte Übertragungen in die polnische Sprache diskutiert – von Stefan Napierski, Jacek Stanisław Buras und Andrzej Lam. Die Übersetzungen der beiden Erstgenannten stammen aus der von Krystyna Kamińska 1979 herausgegebenen Anthologie Stefan George. Poezje. Lams Übertragungen sind der ersten durchgängigen polnischen Übersetzung vom Stern des Bundes (2020) entnommen.

    Mehr in der Zeitschrift Acta Neophilologica XXVI/2 (2024) (PDF), Open Access.