Leibniz Universität Hannover: Das sah ja schon mal besser aus!

Leibniz Universität Hannover: Das sah ja schon mal besser aus!

Durch den (unschuldigen) Vorsatz, in der Fachbibliothek Sozialwissenschaften der Leibniz Universität Hannover (tatsächlich ohne Bindestrich) zwei schmale Bücher zu entleihen, geriet ich in eine Art Dschungel. Kaum auszudenken, was ein Stipendiat oder eine Stipendiatin aus, sagen wir, Ostasien beim Anblick solcher Verwahrlosung empfinden möchte.

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Warum Hertha BSC nicht „sich entschuldigen“ kann
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Warum Hertha BSC nicht „sich entschuldigen“ kann

Nach den Vorkommnissen um das zweite Relegationsspiel zwischen dem Berliner Fußballverein Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf stellt eine „Erklärung“ auf der Website des Hauptstadt-Clubs fest:

Wir entschuldigen uns deshalb offiziell und ausdrücklich für alle Verfehlungen unserer Spieler bei allen Beteiligten, insbesondere auch bei den Schiedsrichtern.

Leider ist das unmöglich.

Um nicht mißverstanden zu werden: Es wäre auch unmöglich, wenn es sich um einen anderen Verein handeln würde – sagen wir Hannover 96, Bayern München oder Wisła Kraków. Denn es geht um die Sache selbst.

Man kann nicht: „sich entschuldigen“. Man kann bloß: um Entschuldigung bitten. Darum, daß der andere, dem man – willentlich oder unwillentlich – etwas angetan hat, einem verzeiht. Deshalb lautet die vollständige Formel: „Ich bitte um Entschuldigung.“ Oder schöner: „Ich bitte um Verzeihung.“ Oder dort, wo es um gravierende Verfehlungen geht: „Ich bitte um Vergebung.“ Das Bitten ist bei jeder dieser Formeln da; nicht ohne Grund.

Was für eine Gedankenlosigkeit liegt in der Formel: „Ich entschuldige mich.“! Und was für eine Eitelkeit! Man kann sich ja auch nicht selber gebären, geschweige denn erlösen.

*

Wo die Sprache hapert, verirrt sich das Denken. (Natürlich kommen hier Hayek und Konfuzius in den Sinn; aber die Sache bleibt auch ohne Hayek und Konfuzius, wie sie ist.) Die Formel „Ich entschuldige mich.“ stellt eine Verwahrlosung dar; vor der (wie ich vermute) älteren und richtigen Formel „Ich bitte um Entschuldigung.“ wirkt sie wie Lärm vor Musik, mithin ein Beispiel von Kulturverfall. Sollte es sich dabei um einen Kollateralschaden der Dechristianisierung in Deutschland handeln?

Zwanzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Bischöfe Polens anläßlich der Tausendjahrfeier des Christentums in Polen eine Botschaft an ihre deutschen Amtsbrüder gerichtet. Der entscheidende Satz darin lautet:

Wir bitten Sie, katholische Hirten des deutschen Volkes, versuchen auf Ihre eigene Art und Weise unser christliches Millenium mitzufeiern, sei es durch Gebet, sei es durch einen besonderen Gedenktag. Für jede Geste dieser Art werden wir Ihnen dankbar sein. Überbringen Sie auch, wir bitten Sie darum, unsere Grüße und Dank den deutschen evangelischen Brüdern, die sich mit uns und mit Ihnen abmühen, Lösungen für unsere Schwierigkeiten zu finden.

In diesem allerchristlichsten und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände zu Ihnen hin in den Bänken des zu Ende gehenden Konzils, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung. Und wenn Sie, deutsche Bischöfe und Konzilsväter, unsere ausgestreckten Hände brüderlich erfassen, dann erst können wir wohl mit ruhigem Gewissen in Polen auf ganz christliche Art unser Millennium feiern. Wir laden Sie dazu herzlichst nach Polen ein.

Prosimy Was, katoliccy Pasterze Narodu niemieckiego, abyście na własny sposób obchodzili z nami nasze chrześcijańskie Millenium: czy to przez modlitwy, czy przez ustanowienie w tym celu odpowiedniego dnia. Za każdy taki gest będziemy Wam wdzięczni. I prosimy Was też, abyście przekazali nasze pozdrowienia i wyrazy wdzięczności niemieckim Braciom Ewangelikom, którzy wraz z Wami i z nami trudzą się nad znalezieniem rozwiązania naszych trudności.

W tym jak najbardziej chrześcijańskim, ale i bardzo ludzkim duchu, wyciągamy do Was, siedzących tu, na ławach kończącego się Soboru, nasze ręce oraz udzielamy wybaczenia i prosimy o nie. A jeśli Wy, niemieccy biskupi i Ojcowie Soboru, po bratersku wyciągnięte ręce ujmiecie, to wtedy dopiero będziemy mogli ze spokojnym sumieniem obchodzić nasze Millenium w sposób jak najbardziej chrześcijański.

Reihenfolge und Asymmetrie entscheiden. Nicht: „Aber ich habe mich doch entschuldigt. Und jetzt erwarte ich, daß auch der andere…“ Sondern: „Ich vergebe.“ Und dann: „Ich bitte um Vergebung.“

Es scheint, wir können davon lernen. Ob wir Jesus von Nazareth für den Messias halten oder nicht. Das Tiefe und Große strahlt auf den alltäglichen Unsinn zurück.

Rudyard Kipling über die Tradition als Voraussetzung der Freiheit
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Rudyard Kipling über die Tradition als Voraussetzung der Freiheit

Rudyard Kiplings „The Gods of the Copybook Headings“ („Die Götter der Schönschreibheft-Sinnsprüche“) sind ein erstaunliches Gedicht. Es ist knapp hundert Jahre alt. Wie konnte der Dichter so viele der Torheiten vorhersehen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten begangen haben?

As I pass through my incarnations in every age and race,
I make my proper prostrations to the Gods of the Market Place.
Peering through reverent fingers I watch them flourish and fall,
And the Gods of the Copybook Headings, I notice, outlast them all.

We were living in trees when they met us. They showed us each in turn
That Water would certainly wet us, as Fire would certainly burn:
But we found them lacking in Uplift, Vision and Breadth of Mind,
So we left them to teach the Gorillas while we followed the March of Mankind.

Bestimmte Einsichten und Empfehlungen locken keinen Hund hinter dem Ofen hervor – so selbstverständlich wirken sie. Vielen Menschen, besonders wenn sie jung sind, scheinen diese Maximen deshalb nichtssagend zu sein („Wasser macht naß“ etc.). Es fehlt ihnen das Erhebende und Orignelle („Uplift“, „Vision“ usw.); genau deshalb kann man mit vielen Auffassungen, die vernünftig sind, nicht renommieren. Auch erlauben sie nicht, uns für fortgeschrittener und also klüger als frühere Generationen zu halten („March of Mankind“)… Erkennen wir Köder und Falle?

We moved as the Spirit listed. They never altered their pace,
Being neither cloud nor wind-borne like the Gods of the Market Place;
But they always caught up with our progress, and presently word would come
That a tribe had been wiped off its icefield, or the lights had gone out in Rome.

Dergleichen ist geschehen, und es kann wieder geschehen.

With the Hopes that our World is built on they were utterly out of touch,
They denied that the Moon was Stilton; they denied she was even Dutch;
They denied that Wishes were Horses; they denied that a Pig had Wings;
So we worshipped the Gods of the Market Who promised these beautiful things.

Im Englischen gibt es die wunderbare Fügung „wishful thinking“, um eine bestimmte Form des Kindisch-Seins zu beschreiben, die uns allen immer wieder unterläuft. Das Deutsche ist gerade hier, an dieser für die Ethik und Staatskunst entscheidenden Stelle so viel ärmer! Auf Wünschen kann man nicht reiten, und Hoffnungen sind kein Fels, auf dem man bauen könnte; Hoffnung kann allenfalls dabei helfen, auf der Suche nach festem Grund nicht vorschnell aufzugeben.

When the Cambrian measures were forming, They promised perpetual peace.
They swore, if we gave them our weapons, that the wars of the tribes would cease.
But when we disarmed They sold us and delivered us bound to our foe,
And the Gods of the Copybook Headings said: „Stick to the Devil you know.“

Über die europäische (und deutsche) „Nachkriegsweisheit“ muß kaum ein Wort mehr verloren werden. Wir verlassen uns darauf, daß die Vereinigten Staaten von Amerika uns im Fall der Fälle heraushauen werden. Und verachten sie genau dafür.

On the first Feminian Sandstones we were promised the Fuller Life
(Which started by loving our neighbour and ended by loving his wife)
Till our women had no more children and the men lost reason and faith,
And the Gods of the Copybook Headings said: „The Wages of Sin is Death.“

Der „neue Mensch“ wollte nicht weniger als eine neue Welt gewinnen, und jetzt hat er sogar Schwierigkeiten damit, sich fortzupflanzen. Und er hat seinen Glauben und seine Vernunft verloren. Darüber lohnt nachzudenken. Die „Ehrfurcht vor dem Traditionellen“ ist, so Friedrich August von Hayek, „für das Funktionieren einer freien Gesellschaft unentbehrlich“.

In the Carboniferous Epoch we were promised abundance for all,
By robbing selected Peter to pay for collective Paul;
But, though we had plenty of money, there was nothing our money could buy,
And the Gods of the Copybook Headings said: „If you don’t work you die.“

Der Wohlfahrtsstaat beruht auf Diebstahl („robbing… Peter“), und er ist nur um den Preis chronischer Inflation zu haben. Allein Kiplings Hinweis, daß es nichts gebe, was unser Geld kaufen könne, muß nicht nur auf dessen Entwertung hinweisen. Hier mag auch dasjenige eine Rolle spielen, was Wilhelm Röpke „Langeweile in der Massengesellschaft“ nennt:

Die Menschen werden nicht nur als Produzenten, die typisierte Serienfabrikate in einer mehr und mehr mechanisierten Erzeugung herstellen, sondern auch als Konsumenten ihrer natürlichen Individualität entkleidet, da diese Serienerzeugnisse den individuellen Geschmack ignorieren müssen, während die Klasse derjenigen, die wohlhabend genug sind, die nicht über denselben Leisten geschlagenen Güter zu erwerben, dank einer von der erdrückenden Masse der Normalverbraucher erzwungenen Neidbesteuerung immer mehr zusammenschmilzt.

Kipling fährt fort:

Then the Gods of the Market tumbled, and their smooth-tongued wizards withdrew
And the hearts of the meanest were humbled and began to believe it was true
That All is not Gold that Glitters, and Two and Two make Four —
And the Gods of the Copybook Headings limped up to explain it once more.

Wir beginnen zu glauben, daß an den Weisheiten in den Schönschreibheften etwas dran sein könnte. Das heißt, die sich überlegen dünkenden Menschen aus Kiplings zwanzigstem und unserem einundzwanzigsten Jahrhunder tun das, was Tom Wolfe als Relearning beschrieben hat. Wir lernen, was Generationen vor uns wußten:

In 1968, in San Francisco, I came across a curious footnote to the hippie movement. At the Haight-Ashbury Free Clinic, there were doctors treating diseases no living doctor had ever encountered before, diseases that had disappeared so long ago they had never even picked up Latin names, diseases such as the mange, the grunge, the itch, the twitch, the thrush, the scroff, the rot. And how was it that they now returned? It had to do with the fact that thousands of young men and women had migrated to San Francisco to live communally in what I think history will record as one of the most extraordinary religious fevers of all time.

The hippies sought nothing less than to sweep aside all codes and restraints of the past and start from zero. At one point, the novelist Ken Kesey, leader of a commune called the Merry Pranksters, organized a pilgrimage to Stonehenge with the idea of returning to Anglo-Saxon’s point zero, which he figured was Stonehenge, and heading out all over again to do it better. Among the codes and restraints that people in the communes swept aside–quite purposely–were those that said you shouldn’t use other people’s toothbrushes or sleep on other people’s mattresses without changing the sheets, or as was more likely, without using any sheets at all, or that you and five other people shouldn’t drink from the same bottle of Shasta or take tokes from the same cigarette. And now, in 1968, they were relearning…the laws of hygiene…by getting the mange, the grunge, the itch, the twitch, the thrush, the scroff, the rot.

Aber zurück zu Kipling:

As it will be in the future, it was at the birth of Man —
There are only four things certain since Social Progress began: —
That the Dog returns to his Vomit and the Sow returns to her Mire,
And the burnt Fool’s bandaged finger goes wabbling back to the Fire;

And that after this is accomplished, and the brave new world begins
When all men are paid for existing and no man must pay for his sins,
As surely as Water will wet us, as surely as Fire will burn,
The Gods of the Copybook Headings with terror and slaughter return!

Wer atmet, dem steht auch dann, wenn er gesund ist, lebenslang Geld zu. Ob „Hartz IV“, „Bürgergeld“ oder „garantiertes Grundeinkommen“. Für das Brot und die Spiele. Keines weiteren Worts bedarf es, um in dieser Vorstellung den Gipfel der Dekadenz zu erkennen. Und zwar selbst dann, wenn nicht wieder Peter (und sein Nachwuchs bis in die x-te Generation) für den „kollektiven Paul“ zahlen müßte. Wobei überhaupt Peter, der ausgewählte („selected“) Peter, dort, wo die Schönschreibheft-Sinnsprüche auf taube Ohren stoßen, ganz offenbar der Einzige ist, der bestraft wird. Natürlich trifft es ihn nicht etwa deshalb, weil er eine Sünde oder sonstige Übertretung begangen hätte; schließlich wird wegen solcher Dinge niemand mehr ernsthaft bestraft, sondern „nur“ noch zu bessern versucht. Kipling durchdringt auch den Widersinn der pantherapeutischen Weltsicht, wie sie Theodore Dalrymple u.a. beschreiben, und erkennt sie als Symptom der Dekadenz, die er beschreibt. Peter wird ausgenommen, weil er (noch) geben kann.

Wie lange das so weitergehen kann und soll? Bis die Götter der Schönschreibheft-Sinnsprüche wiederkehren – mit Feuer und Schwert. Soviel zum Thema „vermeidbares Elend“.

***

Das Gedicht von Rudyard Kipling findet sich u.a. bei John Derbyshire, der es als Text und Hördatei bereithält. Auf Tom Wolfes Relearning-Topos bin ich durch Ed Driscoll aufmerksam geworden. Friedrich August von Hayeks Mahnung ist im vierten Kapitel, (sechster Abschnitt) von dessen „Die Verfassung der Freiheit“ enthalten. Wilhelm Röpke schreibt von der Langeweile in der Massengesellschaft im zweiten Kapitel seines Werkes „Jenseits von Angebot und Nachfrage“ (Inhaltsübersicht); das Zitat stammt von Seite 110 einer älteren Ausgabe (Erlenbach-Zürich u. Stuttgart 1966). Natürlich bildet Kiplings Strophe von der Rückkehr der Sinnspruch-Götter keine Endzeitphantasie, sondern „nur“ einen Hinweis auf die Folgen menschlicher Dummheit. (Hintergrund-Bild: Pixabay.)

Am Rande der Bewegung III: Ein Zeichen setzen!
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Am Rande der Bewegung III: Ein Zeichen setzen!

Hinter dem Fischereihafen der kleinen Stadt werden große Dreifüße aus Stahl gebaut, um einige Kilometer vor der Küste versenkt zu werden. Dann werden darauf Windkraftanlagen montiert. Ganz offenbar hofft man, mit diesem Stahl-Opfer den Zorn der Gottheit abwenden zu können. Ein anderer Grund, diese Steuermittel-Verbrennungsanlagen in die See zu rammen, will mir nicht einfallen.

Von dem Fall abgesehen, daß es sich um Crony Capitalism handle, natürlich:

In a truly capitalist society businesses never receive money or special privileges from government: they succeed if they please customers in offering them what they want, and they fail if they do not. (Kel Kelly, The Case for Legalizing Capitalism, Auburn 2010, S. 26-27)

(In einer kapitalistischen Gesellschaft, die den Namen verdient, erhalten Unternehmen niemals Geld oder irgendwelche besonderen Privilegien von Seiten der Regierung: Sie haben Erfolg, wenn sie den Kunden bieten, was diesen so sehr zusagt, daß sie es kaufen wollen, und sie gehen unter, wenn sie dies nicht tun.)

Wie steht es darum bei unseren Windmühlen und den Dreifüßen, auf denen sie in den Sand gesetzt werden?

Mit großer Unterstützung des Landes Niedersachsen und der EU wurde hier eine Infrastruktur geschaffen, um Offshore-Windkraftanlagen mit allen erforderlichen Komponenten zu bauen und zu verschiffen. Mehr als 80 Mio. € sind in den letzten Jahren in die Infrastruktur der Offshore Basis Cuxhaven investiert worden – hinzu kommen private Investitionen der Offshore-Branche in Cuxhaven von über 100 Mio. €  in den Jahren 2007 und 2008.

„Mit großzügiger Unterstützung des Landes Niedersachsen und der EU“. Und es reden so Viele von „Neoliberalismus“?

Machen wir uns klar: Wer feststellt, die Windkraft-Branche schaffe Jobs, sollte darauf hinweisen, daß diese Jobs recht eigentlich Stellen des Öffentlichen Dienstes darstellen; sie sind von Seiten des Staates bestellt und werden vom Steuerzahler finanziert.

Crony Capitalism ist eine Veranstaltung der Gleicheren unter den Gleichen. Dem Bürger bleibt das Wundern. Er geht durch

Landschaften, welche durch die Rotorenwälder der Windindustrie weiträumig verschandelt wurden,

und fragt sich: Das soll Umweltschutz sein?

* * *

Kellys Argument ruht auf Ludwig von Mises‘ Anschauungen über das Verhältnis von Unternehmer und Kunde. Mehr dazu finden Sie – meisterhaft klar und allgemeinverständlich ausgedrückt – im ersten Kapitel von dessen Werk Die Wurzeln des Antikapitalismus.

Capitalism Works

Capitalism Works

Diese Erfindung hat mehr Bäume gerettet, als Greenpeace jemals vermochte.

Update 2020: Oh, und natürlich x-fach Plastikmüll verhindert. In Gestalt eingesparter CDs, DVDs, Disketten – Sie erinnern sich? – und anderem Zeugs.

Am Rande der Bewegung

Am Rande der Bewegung

Man sieht sie wieder öfter, die Parole „Atomkraft? Nein danke“. Diese Sommerferien hatte ich zwei-drei Wagen vor mir, deren hintere Partie von der „kritischen“ Einstellung der Fahrzeughalter kündet. Ob ein solcher Aufkleber den Pkw in Berlin davor bewahren würde, verbrannt zu werden?

Das bleibt abzuwarten. Jedenfalls genießen die Atomkraftwerk-Gegner in Deutschland, im Mainstream zu treiben. Und Mainstream sind sie. Etwa der freundliche Hafenmeister eines Sportboothafens an der Elbmündung. Der nach Gebaren, Bart- und Haartracht idealtypische Achtundsechziger wohnt auf der anderen Seite der kleinen Stadt. Er kommt mit einem Kleinbus neuerer Bauart zur Arbeit, dessen eines hintere Seitenfenster der Aufkleber „Atomkraft? Nein danke“ wenigstens zur Hälfte abdeckt. Die Botschaft macht sich gut auf den abgedunkelten Scheiben.

Nun könnte man bemerken, daß es klimaverträglicher sei, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen. Oder zu bedenken geben, daß ein Kleinbus mehr Schadstoffe per Personenkilometer in die Luft blase, als ein kleineres Kraftfahrzeug. Oder gar fragen, ob der soziale Charakter einer Beschäftigung, wie er sie aufgenommen hat, nicht bedenklich sei. Gehören doch seine Kunden zu den Besserverdienern, die sich, nachdem sie ihr Vermögen durch Ausbeutung – womöglich sogar der Dritten Welt – gewonnen haben, nun oberflächlichen Vergnügungen auf ihren Luxus-Sportgeräten hingeben. Aber ich möchte ihm die Laune nicht verderben. Außerdem spreche ich sie nicht – die Sprache der Bewegung.

Wahrscheinlich glaubt unser Hafenmeister, ein Rebell zu sein. Diese Selbsteinschätzung freilich paßt nicht recht dazu, gelassen und auf Kosten nachfolgender Generationen „sozial“ abgesichert im Mainstream zu treiben.

Gustav Mahler in den USA
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Gustav Mahler in den USA

Wo bleibt das Positive im Verhältnis von Alter und Neuer Welt? Hier ist es: Für Gustav Mahler – hören Sie sein herrliches „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ – war

die Leitung eines Konzertorchesters schon immer sein Lebenswunsch. Europa hatte ihm nicht erfüllen können, was zwei wohlhabenden Damen der New Yorker Gesellschaft, die von Mahlers Musizieren begeistert waren, sofort gelang: binnen kurzem beschafften sie mit Hilfe reicher Mäzene einen Garantiefonds von 90 000 Dollar. Am 31. März 1909 stand Mahler zum erstenmal vor ’seinem‘ Orchester, dem New York Philharmonic, dessen künstlerische Leitung man ihm anvertraute. Die Saison 1909/10 wurde somit zur ausschließlichen Konzertsaison […], wobei er von New York aus auch die benachbarten Städte, wie etwa Philadelphia, symphonisch betreute. Seine Konzert beherrschten vorwiegend die „gediegenen Meister“, wie er die Klassiker nannte, dazu kamen einige Novitäten.

Der Chronist fährt fort:

Symptomatisch für Mahlers beweglichen Geist und aufschlußreich für die Geschichte der Bach-Interpretation ist die Tatsache, daß er einmal ein Bach-Konzert spielte, „wofür ich das Basso continuo für Orgel gesetzt; und an einem von Steinway hierzu präparierten Spinett von sehr großem Klange dirigierte ich und improvisierte – ganz nach Art der Alten. Da sind für mich (und auch für die Hörer) ganz überraschende Dinge dabei herausgekommen. Wie mit einem Schlaglicht war diese verschüttete Literatur beleuchtet.“ Von seinen eigenen Werken führte er in Amerika lediglich seine Erste und Zweite Symphonie und die Kindertotenlieder auf.

Mahler fühlte sich „bei dieser Tätigkeit und Lebensweise frischer und wohler als seit vielen Jahren.“ […] Was ihm besonders gefallen mußte, waren die reichen Mittel, die er vorfand, war die „nobelste Gesellschaft – ohne Intrigue – ohne Beamtenkram… Die Menschen hier sind ungeheuer frisch – alle Roheit und Unbelehrtheit sind – Kinderkrankheiten… Man hat hier nur vor einem einzigen Ding Respekt: Können und Wollen!

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Wolfgang Schreiber, Mahler, Reinbek 1971, S. 115-116. Hervorhebungen von mir.

Thomes Sowell: Lob strenger Lehrer
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Thomes Sowell: Lob strenger Lehrer

Das Bemerkenswerte ist doch, daß wir uns kaum an die „netten“ Lehrer erinnern, sondern an die, von denen wir etwas gelernt haben… Kein Video im eigentlichen Sinne, sondern ein gelesener Text aus der Feder Thomas Sowells – hier.