Nebenlernziele
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Nebenlernziele

Eine von vielen kleinen und durchaus wertvollen Websites, deren Betreiber Oberschülern praktische Tips und Hinweise geben, erklärt das Wesen der linearen Erörterung mit diesen Worten:

Unumstrittene Fragestellungen, die bereits einen klaren Standpunkt beziehen („Was ist an Atomkraftwerken so gefährlich?“), weisen auf die Methode der linearen Erörterung hin. […]

Folgendes Beispiel illustriert eine mögliche Einleitung zum Thema „Was ist an Atomkraftwerken so gefährlich?“

Aus über 70 Jahren Kernkraftenergie sind Tschernobyl und Fukushima nur die Spitze eines Eisbergs von Atomunfällen. Fast drei Dutzend kritische Zwischenfälle dokumentieren die Gefährlichkeit und Unbeherrschbarkeit, die von Atomkraftwerken ausgeht.  Doch was macht Atomkraftwerke im Detail so gefährlich?

Ach, diese ideologische Einförmigkeit! Wie abgestanden! Warum zäumen wir das Pferd nicht einmal so auf:

Das folgende Beispiel illustriert eine mögliche Einleitung zum Thema „Weshalb sind Atomkraftwerke ungefährlich?“

Jeder kennt die Bilder aus Tschernobyl und Fukushima. Dennoch muss festgestellt werden, dass Atomkraftwerke in vielen Ländern der Welt schon viele Jahrzehnte ohne größere Probleme funktionieren und Strom liefern, ohne Treibhausgase zu produzieren. Was sind die Gründe für diese Erfolgsgeschichte?

Zu positiv, offenbar. Um die Sache einmal aus der Deutsch-als-Fremdsprache-Perspektive zu betrachten: Vielleicht würden mehr Menschen die deutsche Sprache erlernen wollen, wenn das Unterrichtsmaterial sich nicht so häufig in Katastrophen, Problemen und Problemchen suhlen würde? Ganz unabhängig von der Frage, ob diese Katastrophen, Probleme und Problemchen real oder auch nur zusammenspintisiert seien.

Bitte? Sie haben recht. Es ist nicht nur das Unterrichtsmaterial.

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Leszek Kołakowski über die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland im zweiten Jahrzehnt des einundzwanzigsten Jahrhunderts

Aus den Dreizehn Fabeln aus dem Königreich Lailonien für groß und klein (13 bajek z królestwa Lailonii dla dużych i małych), im polnischen Original zuerst 1963 erschienen:

Über die Stadt Ruru herrschte der gestrenge Gott Maior. Der Gott Maior hatte ein eigenes Gesetz erlassen, dem sich alle fügen mußten. In den Verordnungen des Gottes hieß es unter anderem:

I. Man muß wissen, daß alles, was für die Menschen unten, für Gott oben ist, und – umgekehrt – was für die Menschen oben, für Gott unten ist.

II. Wer verneint, daß für Gott alles unten ist, was für die Menschen oben ist –  und umgekehrt -, wird in die Hölle gestoßen. Wer aber nach dem Gesetz handelt, kommt in den Himmel.

III. Wer auf Erden nicht irrt, der kann sich auch nach dem Tode nicht irren, aber wer auf Erden irrt, der kann sich auch nach dem Tode nicht bessern.

Der Gott Maior erließ noch andere Verordnungen, doch diese drei waren die wichtigsten. Sie wurden allen Menschen verkündet, damit später niemand zu seiner Entschuldigung sagen könne, er habe nichts davon gewußt. Fast alle, die zuhörten, wiederholten laut, daß alles, was für sie oben, für Gott unten sei und umgekehrt; schließlich wollte keiner in die Hölle kommen. Übrigens galt es, den Wortlaut dieser Gesetze möglichst häufig zu wiederholen, um solcherart zu zeigen, daß man ihn kenne, und um sich bei Gott in Erinnerung zu bringen. Wenn also zum Beispiel ein Lehrer den Kindern in der Schule erklärte, daß die Bäche zu Tal fließen, fügte er sogleich hinzu: „Für Gott aber fließen sie den Berg hinauf.“ […] Deutete einer auf einen Vogel, der in die Höhe flog, hatte er zugleich zu betonen, für Gott fliege der Vogel nach unten usw. Mit der Zeit gewöhnten sich die Menschen an diese Art zu sprechen, ja, sie waren sogar zufrieden damit, denn je öfter sie dies taten, desto sicherer waren sie, daß der Gott Maior sie nach ihrem Tode zu sich nähme.

(Zitiert nach der – meinerseits veränderten – Übersetzung von Mikołaj Dutsch; in: Leszek Kolakowski, Der Himmelsschlüssel, München 1992, S. 163-164. Dutsch‘ Übertragung wurde anhand des Originals durchgesehen und überarbeitet. Original: Leszek Kołakowski, 13 bajek z królestwa Lailonii dla dużych i małych oraz inne bajki, Warszawa 1998, S. 47-48. Bild: Niederländisches Nationalarchiv, via Wikimedia Commons.)

Theodore Dalrymple (Anthony Daniels) über den Zweck von Propaganda

„Als ich die Funktionsweise kommunistischer Gesellschaften studiert habe, kam ich zu dem Schluß, daß kommunistische Propaganda  die Menschen weder überreden oder überzeugen, noch informieren soll, sondern demütigen. Deshalb ist es desto besser, je weniger sie mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Wenn Menschen dazu gebracht werden, die offensichtlichsten Lügen stillschweigend über sich ergehen zu lassen oder, schlimmer noch, sie nachzubeten, verlieren sie ein für allemal ihren Sinn für Ehrlichkeit und Ehre. Eindeutigen Lügen zuzustimmen gereicht dazu, bei etwas Schlechtem mitzuwirken und selbst ein wenig schlecht zu werden. Die eigene Fähigkeit, sich irgendeinem Ansinnen zu verweigern, wird damit untergraben, ja sogar zerstört. Eine Gesellschaft entmännlichter Lügner ist leicht zu kontrollieren. Mir scheint, daß Political Correctness denselben Effekt hat und haben soll.“

Original:

In my study of communist societies, I came to the conclusion that the purpose of communist propaganda was not to persuade or convince, nor to inform, but to humiliate; and therefore, the less it corresponded to reality the better. When people are forced to remain silent when they are being told the most obvious lies, or even worse when they are forced to repeat the lies themselves, they lose once and for all their sense of probity. To assent to obvious lies is to co-operate with evil, and in some small way to become evil oneself. One’s standing to resist anything is thus eroded, and even destroyed. A society of emasculated liars is easy to control. I think if you examine political correctness, it has the same effect and is intended to.

Hatespeech, überall Hatespeech

Hatespeech, überall Hatespeech

Wie kann er nur? ZDF-Mitarbeiter Achim Winter macht sich darüber lustig, was von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich – bewußt antiteutonisch – ohne Bindestriche schreibt, als Kampf gegen Hatespeech betrieben wird. Das geht nun gar nicht. Schon springen die ersten Lästermäuler, Zersetzer und Rechtspopulisten auf…

Siehe auch: Manfred Haferburg und Mark Steyn zum Thema.

Daß sich die Balken biegen: deutsche Medien und Fukushima

Daß sich die Balken biegen: deutsche Medien und Fukushima

Vor fünf Jahren hat ein Tsunami in Japan viele Tausend Menschenleben gefordert. Im Verlauf dieser Katastrophe kam es zu einem schweren Störfall im Kernkraftwerk von Fukushima. Das klingt wie eine Katastrophe in der Katastrophe; doch hat die zuständige UN-Kommission festgestellt, es habe keine durch die Havarie im Kraftwerk bewirkte Todesopfer gegeben; sofern sich das Krebsrisiko für die rasch evakuierten Anwohner und deren Kinder erhöht habe, sei es nicht meßbar (UNSCEAR – United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation; UNSCEAR 2013 Report Factsheet).

Eine gute Nachricht also in der schlechten Nachricht.

Genau das scheint deutsche Medien zu stören. Darunter auch die Facebook-Zuständigen der Bundesregierung, die mit einem mehr als mißverständlichen Eintrag aufwarten, wie oben abgebildet.

Was die Flagg- und Linienschiffe der deutschen Medienlandschaft in Sachen Fukushima zu bieten haben, biegt mehrzollige Balken. Der Deutschlandfunk titelt auf seiner Homepage: „Gedenken an Fukushima-Opfer“, der SWR 2 auf der seinigen: „Fünf Jahre nach Atomkatastrophe“. Der Intro-Text zu einem Artikel der BZ lautet: „Vor genau fünf Jahren kam es in Fukushima nach einem verheerenden Seebeben zur Kernschmelze. Mehr als 18.000 Menschen starben.“ – Eine reichhaltige Übersicht mit vielen Bildern (Screenshots) finden Sie bei Roland Tichy.