Globalisierungsetüde

Globalisierungsetüde

Da sitzt dieser sportlich wirkende Mann um die Dreißig bei Ikea in Katowice, seine sympathisch anmutende Frau nebst fröhlich plappernden Kindern um sich, und trägt ein T-Shirt mit dem (von Seiten des Produzenten, als Element des Designs) durchgestrichenen Schriftzug „Globalization“, unter dem eine kaum sachlich zu nennende Definition des inkriminierten Prozesses erscheint, gleichfalls in englischer Sprache; er sucht etwas in seinem Smartphone. Das also ist Globalisierungskritik: Wenn ein Mann aus Polen in einem schwedischen Möbelhaus auf die Oberfläche seines koreanischen, chinesischen, japanischen oder amerikanischen Smartphones blickt, während sein in Bangladesh oder Vietnam hergestelltes T-Shirt verkündet, was von alledem zu halten sei, und ein aus Deutschland stammender Metöke ihn beobachtet.

(Bild: jplenio auf Pixabay.)

Wie „Globalisierungsekel“ das Kind mit dem Bade ausschüttet

Der sonst so treffsichere Michael Klonovsky scheint etwas nicht recht auseinanderzuhalten, wo es um Globalisierung geht. Am 29.10.2016 schreibt er in seinen acta diurna:

Der Philosoph Peter Sloterdijk prägte Mitte der 1990er Jahre den Begriff „Globalisierungsekel“. Viele Rechtsintellektuelle verspürten ein solches Abgestoßensein angesichts einer „klebrigen Welt ohne Abstände„. Da die Völker eher unwillig sind, den grauen Tod der Diversity zu sterben, haben die Globalisten den Migranten als neues revolutionäres, jedenfalls zu emanzipierendes Subjekt entdeckt. Die Gretchenfrage unseres Epöchleins lautet denn also: Wie hast du’s mit der Migration? Näherhin: dem vermeintlichen Recht auf Migration? Hier scheiden sich die Geister und die Sphären. Und wenn Sie mich fragen: Hier entscheidet sich das Schicksal zumindest der europäischen Zivilisation.

Am 8.11. selbigen Jahres führt er aus:

In den Staaten der westlichen Welt tritt seit mehr als sechzig Jahren erstmals eine Generation ins Berufsleben ein, die genau weiß, dass es ihr schlechter gehen wird als ihren Eltern, und dass es ihren Kindern mit hoher Wahrscheinlichkeit schlechter gehen wird als ihnen selbst, dass es in zwei Generationen keinen Mittelstand mehr geben wird und wahrscheinlich auch ihre Völker nicht mehr existieren, dass sie verarmen und verelenden und sich in ihren ehemaligen Heimatländern, vor den Ruinen ihrer Nationalkulturen, mit dem Lumpenproletariat der dritten Welt und dessen halbbarbarischen Riten werden herumschlagen müssen, während sich in den Händen einiger weniger ungeheuere Kapitalmengen konzentrieren und genau diese jeglicher Bindung und Verantwortung enthobenen, mobilen Weltabmelker daran arbeiten, dass es den sogenannten einfachen Menschen noch schlechter geht. […] Wenn Globalisierung heißt, dass die Staaten zerfallen, dass die Völker entwurzelt und aufgelöst und die Kulturen verramscht werden, dann spucken wir auf sie. Wenn Globalisierung heißt, dass der Planet in die graue Tristesse der Diversity getaucht wird, dann pfeifen wir auf sie. Let’s make the people, let’s make the nations great again!

Hier scheint mir etwas vermischt zu werden, was besser säuberlich getrennt bliebe: Einerseits Globalisierung als etwas, das in die Sphäre des Wirtschaftlichen gehört, –  ein Handel nämlich, der über Grenzen hinweg stattfindet, die Produktion von Gütern, zu der Rohstoffe oder Tätige aus mehr als einer Weltgegend beitragen; andererseits die Maximen und das Wirken von Leuten, die den Nationalstaat überwinden wollen. Sie werden im ersten der beiden Klonovsky-Zitate als Globalisten bezeichnet.

Globalisierung, wie eben bestimmt, ist nichts Neues und auch nichts Schlechtes, weil sie Zeiten hoher Zivilisation kennzeichnet. So unterstreicht kein Geringerer als Wilhelm Röpke – mithin jemand, der die Ansinnen der Globalisten als Spielform des Zentrismus kritisiert haben dürfte -, daß

das Altertum in der römischen Kaiserzeit eine erstaunliche Höhe der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht hat, die uns von einem Kapitalismus und einer Weltwirtschaft des Altertums zu sprechen erlaubt.

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