Wilhelm Röpke: Kein Flug ohne adäquate Besatzung

Wilhelm Röpke: Kein Flug ohne adäquate Besatzung

Man kann nicht in die Urwälder Germaniens zurücklaufen wollen, man kann nicht Massenverdummung predigen und einen Sturm zerstörender und zuchtloser Gefühle entfachen, während der Apparat unserer Massenversorgung immer höhere Ansprüche an die Intelligenz und an die Disziplin unserer Menschen stellt. Eine Katastrophe muß eintreten, wenn die Menschen immer dümmer und roher werden, während sich die Technik und die Organisation der Wirtschaft immer mehr verfeinern. 

Wilhelm Röpke, Wirrnis und Wahrheit, Erlenbach-Zürich und Stuttgart 1962, S. 107.

(Bild: The Flying Fish (Model E), erstes „Flying Boat“ von Glenn Curtiss über dem Keuka-See, New York State, 1912. Library of Congress. No known restrictions on publication.)

Neuerscheinung: Karsten Dahlmanns / Aneta Jachimowicz (Hrsg.), Geliebtes, verfluchtes Amerika
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Neuerscheinung: Karsten Dahlmanns / Aneta Jachimowicz (Hrsg.), Geliebtes, verfluchtes Amerika

Die Vereinigten Staaten von Amerika fungierten im deutschen Sprachraum zwischen 1888 und 1933 als Traum oder Alptraum, als eine Verkörperung von Moderne und Kapitalismus, die bewundert, verachtet oder gar gefürchtet wurde.  

14 Aufsätze erforschen das Verhältnis ausgewählter deutschsprachiger Dichter, Schriftsteller und Publizisten, Wissenschaftler und Architekten jener Zeit zu den USA. Besprochen werden so verschiedene Temperamente wie Alfred Kubin und Stefan George, Ernst Jünger und Erich Maria Remarque, Adolf Loos und Friedrich August von Hayek. Bekannte Schriftsteller wie Stefan Zweig und Joseph Roth haben ihren Auftritt, aber auch weniger bekannte Autorinnen und Autoren wie Bertha Eckstein-Diener, Marta Karlweis und Maria Leitner, Hugo Bettauer, Bernhard Kellermann und Arthur Rundt.

„Der Band zeichnet ein breitgefächertes, methodisch vielfältiges und überaus lesenswertes Panorama der Auseinandersetzung mit den USA in der Literatur und Publizistik der deutschsprachigen Länder vor und nach dem Ersten Weltkrieg.“ Prof. Wynfrid Kriegleder (Wien)

Grünflation und Kollektivismus

Grünflation und Kollektivismus

Daniel Greenfield bemerkt, dankenswerterweise von der Achse des Guten ins Deutsche übersetzt:

[D]ie Inflation ist kein ungewollter Unfall. Die Linke gibt wie ein besoffener Matrose Geld aus, um ihre Agenda durchzusetzen. Wenn man das Geld entwertet, wird die Mittelschicht ausgelöscht. Dann kann man anschließend die Wirtschaft unter neuen Bedingungen wieder ankurbeln. Biden hat Billionen [d.i. Tausende Milliarden] von Dollar verschwendet und ist nun damit beschäftigt, die „Gier der Unternehmen“ für die hohen Preise verantwortlich zu machen.

So macht man das, wenn man Kollektivismus säen will. Und natürlich geht es um Kontrolle. Worum sonst? Wackere, eigensinnige Hobbits in Dörfern und gediegenen Kleinstädten, die, wie es so schön heißt, ihr Ding machen? Das können Sie vergessen!

Die Linke will nicht, dass die Menschen in kleineren Gemeinschaften leben. Sie hat ganz klar gesagt, dass alle Menschen in Städten leben müssen.

In Groß- und Megastädten natürlich, idealiter in Großwohnsiedlungen des Zuschnitts Arbeiter- oder, in Zeiten der Postmoderne, Prekariatsschließfach. Eine häßliche Umgebung macht gefügig, acht- und mutlos, zynisch.

Die gewollte Verknappung und Verteuerung von fossilen Brennstoffen durch den Widerruf oder die Nichterteilung von Förderungsgenehmigungen –

Bidens Leute haben es gerade wieder einmal geschafft, Öl- und Gaspachtverträge zu sabotieren!

– dient den Fortschrittlern als Mittel,

um die Mobilität einzuschränken und die Bevölkerung zwangsweise in dichten städtischen Clustern unter ihrem Panoptikum zu konzentrieren. Dies sind die gleichen Strategien, die von der Sowjetunion und dem kommunistischen China angewandt wurden. Und sie haben das gleiche Ziel. 

Übertrieben? Hoffentlich haben Sie recht.

(Bild: Männer vor Suppenküche. Quelle: Library of Congress, Prints & Photographs Division, Farm Security Administration/Office of War Information Black-and-White Negatives. Gemeinfrei.)

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Deutschland ohne Google-Campus

Wie Michael Kreutz auf transatlantic annotations bemerkt, haben London, Warschau, Madrid, Sao Paulo, Seoul und Tel Aviv einen Google-Campus, nicht aber Berlin. Unsere glücklose Hauptstadt habe es vor drei Jahren fertig gebracht, einen solchen Campus in ihren Mauern zu verhindern – in recht unflätiger Weise übrigens. Der Software-Gigant möchte bis auf Weiteres kein derartiges „Inspirationszentrum für Startup-Gründer, die Google früh an sich binden will“ (Kreutz), in Deutschland betreiben.

Nun mag man von Google halten, was man will. Daß Google sich woke geriert, seine Suchmaschine entsprechend kalibriert, darf als allgemein bekannt gelten; es schlug im Falle James Damores einige Flocken. Der woke-pädagogische Einschlag Googles wurde von Douglas Murray in seinem Buch The Madness of Crowds (2019) ausführlich besprochen. Das aber ist etwas anderes als die naßforsche Kapitalismus-Feindschaft in vielen Kiezen der Bundeshauptstadt. Kreutz kommentiert:

Berlin ist zu einem wahren Soziallabor geworden, in dem wir das Deutschland der Zukunft aufleuchten (und vielleicht schon bald verlöschen) sehen.

Zweifellos. Aber immerhin sind wir Marktführer in Lastenfahrrädern – oder werden es bald sein.

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Verfehlte Schuldzuweisung

Alexander von Schönburg bespricht in Cato 3/2019 Michael Houellebecqs Serotonin. Dabei zitiert er eine Passage aus dem Roman des französischen Schriftstellers, in der am Beispiele Spaniens von Rollkoffern und deren Vorgängern die Rede ist, welche getragen werden mußten, sofern nicht eigens dafür bestallte Kofferträger diese Aufgabe übernahmen: „Wie alle Länder des abendländischen Europas“ habe sich Spanien „in einem tödlichen Prozeß der Produktivitätssteigerung“ verfangen und „Stück für Stück aller nichtqualifizierten Tätigkeiten entledigt, die einst dazu beigetragen hatten, das Leben etwas weniger unerfreulich zu gestalten, und im gleichen Zug den Großteil seiner Bevölkerung zur Massenarbeitslosigkeit verdammt.“ Von Schönburg nimmt den Faden Houellebecqs auf: der Siegeszug des Rollkoffers und das Verschwinden das Kofferträgers stünden „stellvertretend für die Häßlichkeit unserer praktisch-effizienten Gegenwart, einer Welt, die sich aufteilt in die Habenden, die mit ihrer Vielfliegerkarte durch die Gegend jetten, auf der einen und die zur Unsichtbarkeit verurteilte Masse auf der anderen Seite, die mit Sozialhilfe abgefunden“ werde. Letztere werde „zu einem Leben in sozialer und kultureller Isolation gezwungen“.

So weit, so gut. Natürlich ist an der Opposition zwischen den „Somewheres“ und den „Anywheres“ etwas dran. Aber – und das ist ein wichtiges Aber – es liegt keinesfalls an der Markt- und Unternehmerwirtschaft mit ihren Vorstellungen von Produktivität und Effizienz, dem bösen, bösen Kapitalismus, daß es keine Kofferträger mehr gibt. Sondern an staatlichen Eingriffen. Die Kofferträger sind durch Mindestlohn-Gesetze und andere Formen der Sozialgesetzgebung, die „nichtqualifizierte Tätigkeiten“ (Houellebecq) teurer und teurer machen, aus dem Markt gedrängt – vulgo: um Lohn und Brot gebracht worden. Nicht der Kapitalismus, sondern der europäische Sozialstaat wäre zur Verantwortung zu ziehen.

Allgemeine Nutzanwendung: Kulturkritik sollte nicht auf verfehlten Prämissen beruhen. Sonst drohen verfehlte Therapie-Vorschläge.

(Alle Zitate: Cato 3/2019, S. 66.)

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Opferkult und -nutzen

Wertvoll auch dann, wenn man – wie Theodore Dalymple – Einwände gegen Ayn Rands Philosophie führen würde. Zur gerne übersehenen und deshalb besonders wichtigen Rolle freiwilliger Zuwendung von Gönnern, wo der Aufstieg von „ganz unten“ nach „ganz oben“ in Rede steht, vgl. Luigi Zingales, Who killed Horatio Alger?.

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Dwinger lesen

Studia Neofilologiczne, 14 (2018), S. 9-31 (zitierfähiges PDF)

Der gegenwärtige Aufsatz beschäftigt sich mit ausgewählten Zügen des Schaffens von Edwin Erich Dwinger (1898-1981), einem heute weitgehend vergessenen, da politisch desavouierten Erfolgsautor der zwanziger bis vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der bis hinein in die Bundesrepublik Deutschland publizierte. Dabei werden vor allem Fragen des Gehalts ins Auge gefaßt, formale Aspekte eher am Rande behandelt. Die Darstellung besitzt Längsschnitt-Charakter; sie springt zwischen verschiedenen Werken Dwingers, die zwischen 1929 und 1936 erschienen sind, hin und her, um diesen oder jenen Standpunkt ideologischer Art herauszuarbeiten. Ihr unterliegt die erkenntnisleitende Annahme, daß eine weltanschauliche Nähe zwischen den positiv gezeichneten Figuren Dwingers und ihrem Schöpfer bestehe.[1] Der anklagende, ‚kämpferische‘ Charakter der im Folgenden diskutierten Bücher rechtfertigt eine solche Hypothese, die unter anderen Umständen mehr als problematisch wäre.

Die Beschäftigung mit Dwingers Werk lohnt, weil sie interessante Perspektiven auf die Literatur über den Ersten Weltkrieg – wie unten in einem Vergleich mit Remarques Im Westen nichts Neues durchgeführt – und gewinnbringende Einblicke mentalitätsgeschichtlicher Art erlaubt. Letzteres gilt besonders dort, wo die unterschiedlichen Spielformen des deutschen Antiliberalismus (Kollektivismus, in stärkster Ausprägung Totalitarismus; auch der Symptome Antiamerikanismus und Anglophobie) erforscht werden.[2] Eine Reinwaschung Dwingers wird nicht beabsichtigt.

Seiner Anlage nach betrachtet der vorliegende Aufsatz zunächst Dwingers Rezeption in Deutschland und Polen, um zu einem Vergleich von Remarques Im Westen nichts Neues mit Dwingers frühen Schriften voranzuschreiten. Der darauffolgende Abschnitt arbeitet heraus, weshalb das Bild der Bolschewiki in den besprochenen Bänden der Sibirischen Trilogie nicht völlig negativ ist. Der vierte und letzte Abschnitt untersucht Dwingers Zerrbild vom Bürgertum; dies dürfte einiges Licht auf dessen Entschluß werfen, dem braunen Totalitarismus zu dienen. Eine kurze Schlußbetrachtung wägt das Erarbeitete.

Zur Rezeption

Dwingers bekannteste Werke sind die ihrer Gestaltung nach zwischen Autobiographie und fiktionalem Erzähltext angesiedelten Bände Die Armee hinter Stacheldraht. Das sibirische Tagebuch, erschienen 1929, und Zwischen Weiß und Rot. Die russische Tragödie, publiziert 1930. Die Glaubwürdigkeit des Geschilderten muß als umstritten gelten. Während viele Kommentatoren Dwingers Berichte für einigermaßen authentisch halten, sie daher z.B. als „Romanreportagen“[3] bezeichnen, führt Georg Wurzer verschiedene Argumente an, die zeigen sollen, daß die beiden Bücher weit weniger Erlebnisse ihres Verfassers spiegeln, als weithin angenommen. So sei Dwinger keineswegs der Sohn einer russischen Mutter, seien seine Russischkenntnisse, wie von Zeitzeugen belegt, viel schwächer gewesen, als in den Büchern vermerkt. Er habe seine Kriegsgefangenschaft nicht in dem Lager verbracht, welches in seinen Büchern beschrieben wird. Während des Russischen Bürgerkrieges habe sich Dwinger in Deutschland befunden und als Invalide Sozialleistungen der Weimarer Republik bezogen.[4]

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„…dass Leute wie ich keineswegs Eliten hassen“

Wolfram Ackner auf Publico:

Einem Großteil der Bevölkerungsgruppe, der ich mich zugehörig fühle – hart arbeitende kleine, bodenständige Leute, die in unspektakulären Jobs schuften und sich oft genug gerade so über Wasser halten können – wurde von Hillary Clinton die Bezeichnung ‘deplorables’ verpasst. Genau so werden wir auch hier in den Medien und Talkshows pathologisiert – als bedauernswerte, minderwertige Gestalten, zerfressen von Hass und Abstiegsängsten, die an Fake News glauben und in bösartiger Borniertheit die (selbsternannten) kosmopolitischen, humanistischen, gebildeten Schichten verachten.

Ich möchte dazu nur kurz anmerken, dass Leute wie ich keineswegs Eliten hassen. Wir verstehen darunter nur etwas anderes als das momentane Spitzenpersonal in Medien, Kultur und Politik. Deren Mitglieder sollten vielleicht schon im Eigeninteresse erkennen, dass die Gelder, welche sie verteilen möchten, immer noch mit unseren rauchenden Industrie-Schloten verdient werden. Und nicht, indem wir uns gegenseitig bezahlte Vorträge über Antifaschismus, Critical Whiteness und Gender Studies halten.

Völlig richtige Bemerkungen, saftig-herzhaft formuliert. Besonders gefällt mir der Hinweis auf die Abstiegsängste, ein nahezu universell brauchbares Psycho-Argument, das schon auf das Bildungsbürgertum des Hohenzollernreiches angewandt wurde, inzwischen jedoch in der Fachliteratur einen, nun, gewissen Abstieg erleben mußte (vgl. Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne? (1999), Carola Groppe, Die Macht der Bildung (2001)).