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G. K. Chesterton über Rudyard Kipling

Es mag nicht schaden, aus Gilbert K. Chestertons Buch Heretics eine kaum anders als gewaltig zu nennende Stelle über Rudyard Kipling anzuführen, die – und was – natürlich nicht bloß mit Kipling zu tun hat:

He is a perfect master of that light melancholy with which a man looks back on having been the citizen of many communities, of that light melancholy with which a man looks back on having been the lover of many women. He is the philanderer of the nations. But a man may have learnt much about women in flirtations, and still be ignorant of first love; a man may have known as many lands as Ulysses, and still be ignorant of patriotism.

(Er ist ein vollendeter Meister jener gelinden Schwermut, mit der ein Mann darauf zurückblickt, Bürger vieler Gemeinwesen gewesen zu sein, jener gelinden Schwermut, mit der ein Mann darauf zurückblickt, der Liebhaber vieler Frauen gewesen zu sein. Er ist ein Schürzenjäger, was Völker und Länder angeht. Aber ein Mann kann viel über Frauen gelernt haben, während er mit ihnen Affären hatte, und trotzdem keine wirkliche, erste Liebe erlebt haben; ein Mann kann so viele Länder kennen wie Odysseus, und dennoch nicht wissen, was Patriotismus ausmacht.)

Manche „Anywheres“ fürchten sich, ein „Somewhere“ zu werden. Chesterton meint, ihnen fehle etwas – ein bindender Entschluß, vielleicht auch dasjenige, was zuweilen mit dem grauenhaft mißbrauchten Wort „Offenheit“ bezeichnet zu werden pflegt, die Bereitschaft nämlich, sich von seiner eigenen Zuneigung überwältigen zu lassen.

(Zitiert nach einer online verfügbaren Ausgabe des 1905 erschienen Werks. Die Passage findet sich in Kap. 3: On Mr Rudard Kipling and Making the World Small. Beitragsbild: Stockholm, Altstadt, Pixabay.)