Thomas Sowell: ein Kurzportrait
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Thomas Sowell: ein Kurzportrait

Der bedeutende US-Ökonom und Soziologe Thomas Sowell, 1930 geboren und in New Yorks Stadtteil Harlem unter ärmlichen Bedingungen aufgewachsen, betätigt sich gern als Drachentöter – kaum ein Irrtum „fortschrittlicher“ Schwärmer entgeht seinem Schwert.

Sowells 2019 in erweiterter Neuauflage erschienenes Buch „Discrimination and Disparities“ wendet sich gegen den voreiligen Schluß, Unterschiede in Leistung und Wohlstand schlankerhand auf gegenwärtige oder vergangene Diskriminierung zurückzuführen, etwa auf die Sklaverei. Was wirklich zähle, seien verschiedenste Voraussetzungen, die bei geographischen Bedingungen beginnen und bei Fragen der Bildungs- und Arbeitsethik aufhören. Da gewöhnlich nur manche dieser Voraussetzungen vorliegen, seien Leistungs- und Wohlstandsunterschiede zu erwarten, Ungleichheit also das Gewöhnliche. Und das ganz ohne jede Diskriminierung, obwohl in konkreten Fällen auch Diskriminierung eine Rolle spielen kann.

Solche Einsichten mit schlagenden Beispielen zu unterfüttern, liebt Sowell. In seiner 1999 publizierten Essaysammlung „The Quest for Cosmic Justice“ führt er an, daß im Malaysien der Sechziger Jahre achtzig bis neunzig Prozent der Studenten technischer und naturwissenschaftlicher Fächer sowie der Medizin der chinesischen Minderheit angehörten und gegen die Jahrtausendwende mehr als vier Fünftel aller kalifornischen Doughnut-Läden im Besitz von US-Bürgern waren, deren Familien aus Kambodscha stammen.

Sowells zuerst 2015 veröffentlichte Studie „Wealth, Poverty and Politics“ beschreibt das Beispiel der Japaner in Peru, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts selbst als Landarbeiter mehr verdienten als ihre einheimischen Kollegen, weil sie über die entsprechende Arbeitsethik verfügten. Ebendort berichtet Sowell auch von neiderfüllten Reaktionen auf tüchtigere Großgruppen. In Peru kam es zu Boykottaufrufen gegen die Geschäfte japanischer Einwanderer und in den dreißiger Jahren zu – hier ist das Wort berechtigt – diskriminierenden Gesetzen. Die schädliche Auswirkung des Sozialneids, der sich als „soziale“ Gerechtigkeit tarnt, bildet ein wichtiges Thema Sowells, das er ebenfalls mit vielen Beispielen illustriert, etwa der Klage eines nigerianischen Politikers über „die Tyrannei beruflicher Kompetenzen“ oder den Antikapitalismus Juan Perons in Argentinien. Sowells Bücher sind dicht geschrieben, reich an Einsichten und von einem Kampfgeist erfüllt, der Freiheit und Vernunft verteidigt. Seine monumentale Abhandlung „Intellectuals and Society“ (erweiterte Neuauflage 2011) arbeitet die Kniffe und Tricks „fortschrittlicher“ Welt- und Gesellschaftserklärer heraus, darunter jene, die seit den „revolutionären“ sechziger Jahren zu gravierenden Rückschritten seiner eigenen, der schwarzen Bevölkerungsgruppe in den USA geführt haben, was Schule, Ausbildung, Beruf, Familie und Verbrechensrate angeht. Jene Kulturrevolution habe auch in vielen weiteren Bereichen, etwa der allgemeiner Vertrauenswürdigkeit, zum Schlechten gewirkt, wie – ein weiteres Beispiel aus Sowells schier unerschöpflichem Fundus – das Verschwinden von Selbstbedienungsrestaurants im New York der Sechziger gezeigt habe, in denen über fast acht Jahrzehnte auf Vertrauensbasis, ohne jede Kontrolle, der Gast nach dem Essen angab, was er zu zahlen hatte


Zuerst erschienen unter dem Titel „Der Drachentöter“ in der Wochenzeitung Junge Freiheit 19/24, 3. Mai 2024, S. 3. Wiedergabe mit freundlicher Zustimmung eines ihrer Redakteure. Der Text ist über das JF-Archiv abrufbar, wenn Sie die entsprechende Ausgabe anwählen.

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(Beitragsbild: Youtube-Screenshot.)

Thomas Sowell: Wie Intellektuelle Dauer-Arme schaffen. Ein Mißverständnis in Diskussionen über „soziale“ Gerechtigkeit

Thomas Sowell: Wie Intellektuelle Dauer-Arme schaffen. Ein Mißverständnis in Diskussionen über „soziale“ Gerechtigkeit

Auszüge aus Thomas Sowells Intellectuals and Society, in freier deutscher Übersetzung:

Die am stärksten sprudelnde Quelle von Mißverständnissen über Fragen der Einkommensverteilung – distributive oder auch „soziale“ Gerechtigkeit – ist die weitverbreitete Gewohnheit, statistische Kategorien mit Menschen aus Fleisch und Blut zu verwechseln.

In den Medien und der akademischen Welt wird sehr häufig behauptet, daß die Reichen nicht nur höhere Einkommen als die Armen hätten, sondern daß deren Einkünfte auch einen immer größeren Anteil am Volkseinkommen ausmachen würden. Das vergrößere die Unterschiede zwischen jenen am oberen Ende der Einkommensskala und denjenigen am unteren Ende. Solche Diagnosen basieren fast immer auf einer Vermischung dessen, was sich über die Jahre in so-und-so umrissenen statistischen Kategorien tut, mit dem, was über die Jahre im Leben von lebendigen Menschen wie Ihnen und mir geschieht.

In der Welt statistischer Kategorien trifft es zu, daß das Einkommen der oberen zwanzig Prozent und auch der Anteil, den das Einkommen der oberen zwanzig Prozent am gesamten Volkseinkommen ausmacht, über die Jahre gestiegen ist. Daher hat sich, was die Einkünfte angeht, die Schere zwischen dem oberen Fünftel und dem Rest der Gesellschaft weiter geöffnet.

Wenn man jedoch die Geschichte der Einkommen konkreter Individuen anhand ihrer Steuererklärungen nachvollzieht, ergibt sich ein anderes Bild. So sind die Einkünfte jener Menschen, die 1996 zum Fünftel der am wenigsten Verdienenden zählten, bis zum Jahr 2005 um einundneunzig Prozent gestiegen. Demgegenüber sind die Einkommen derjenigen Bürger, die 1996 zum Fünftel der Gesellschaft mit den höchsten Einkünften gehörten, nur um zehn Prozent gewachsen. Personen, welche zu den fünf Prozent oder sogar dem legendären einen Prozent an der Spitze gehören, mußten Einbußen ihrer Einkünfte hinnehmen.

Es mag wirken, als seien diese völlig unterschiedlichen Statistiken unvereinbar. Aber dem ist nicht so, weil Menschen aus Fleisch und Blut sich von einer statistischen Kategorie in eine andere hinüberbewegen können. Wenn bestimmte Steuerzahler, die zuerst unter den Geringverdienern waren, im Verlauf eines Jahrzehnts ihr Einkommen verdoppeln, verlassen sie das Fünftel derjenigen mit den geringsten Einkünften; und wenn bestimmte Personen, die hinsichtlich ihrer Einkünfte zu dem einen Prozent an der Spitze gehört haben, ein Viertel ihres Einkommens einbüßen, fallen sie aus dieser Kategorie heraus.

Daten bezüglich der vierhundert reichsten Amerikaner zwischen den Jahren 1992 und 2000 sind keine Daten über ein- und dieselben vierhundert Menschen.

Die meisten Menschen nämlich beginnen ihr Berufsleben in einfachen Jobs, die keine großartigen Einkünfte bringen. Über die Jahre aber erwerben die Menschen mehr und mehr Qualifikationen, sammeln mehr und mehr Fertigkeiten und Berufserfahrung. Das erhöht ihre Produktivität und hebt sie aus dem Fünftel der Menschen mit den geringsten Einkünften heraus in immer höhere Fünftel.

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