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Stefan George: Hannover, die „fahlste“ Stadt Deutschlands

Ein Bekannter verdingte sich als Lohnschreiber bei einem Wochenblättchen. Einer seiner ersten (und, dank emsigen Aufwärtsstrebens bei beträchtlichem Talent, letzten) Marketing-Texte begann mit der gewaltigen Fügung: „Schon Goethe schätzte Wurst im Naturdarm.“

So habe denn nun ich das besondere Vergnügen, folgenden Satz in die virtuelle Welt zu meißeln: „Schon Stefan George lästerte über Hannover.“

(Den nicht-Hannoveranern sei hier am Rande mitgeteilt, daß die eigentlichen und auch die gottlob ehemaligen Bewohner der niedersächsischen Hauptstadt ein recht vielschichtiges Verhältnis zu dem spröden und erschütternd schmutzigen Konglomerat an Leine und Maschsee pflegen.)

Wie dem auch sei. Der Meister schrieb in seinem großen Gedicht „Der Krieg“, das, zuvor, und gänzlich unmeisterlich, als Sonderdruck vulgo Flugschrift kursierend, in den Band Das neue Reich einging:

Wo zeigt der Mann sich der vertritt? das Wort
Das einzig gilt fürs spätere gericht?
Spotthafte könige mit bühnenkronen ·
Sachwalter · händler · schreiber – pfiff und zahl.
Auch in verbriefter ordnung grenzen: taumel ·
Dann drohnde wirrsal .. da entstieg gestüzt
Auf seinen stock farblosem vororthaus
Der fahlsten unsrer städte ein vergessner
Schmuckloser greis .. der fand den rat der stunde
Und rettete was die gebärdig lauten
Schliesslich zum abgrundsrand gebracht: das reich ..

Da haben Sie’s: Hannover, die „fahlste“ aller Städte Deutschlands. Der Greis ist Paul von Hindenburg; das „farblose vororthaus“ sehen Sie oben – die Villa Köhler, hier als Villa Hindenburg bezeichnet.

Vielleicht trifft der downgrade, welchen der Dichter dem Domizil des Herrn von Hindenburg verpaßt hat, die Stadt am Rande mit; als ästhetisch-weltanschaulicher Kollateralschaden. Vielleicht war es gezielte und sauber dosierte Bösartigkeit. Wer kann das wissen – außer dem Meister?

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Bildnachweis. Ein wenig mehr über George, von Hindenburg, die Villa Köhler in Hannover und das Gedicht „Der Krieg“ in meinem Aufsatz „Geist bei George. Beobachtungen“, in: Aneta Jachimowicz, Tomasz Żurawlew (red.), Geisteskultur zwischen Ästhetik und Poetik, Würzburg 2016.