Rotmistrz Witold Pilecki

Vor einigen Monaten ist mir in Katowice ein Flugblatt in die Hand gefallen. Auf ihm steht:

Witold Pilecki (1901-1948).

Held aller Zeiten.

Von seinen Verdiensten im Polnisch-Sowjetischen Krieg, in der Zwischenkriegszeit, während des Warschauer Aufstandes abgesehen, hat dieser Mann etwas getan, was kein Anderer auf der Welt getan hat: Er ging freiwillig ins Konzentrationslager Auschwitz. Sein Ziel war es, eine Widerstandsbewegung innerhalb des Lagers zu organisieren und einen detaillierten Bericht über die Vorgänge in Auschwitz zu erstellen. Das Resultat seines Tuns sollte – im Zusammenwirken mit einem Angriff der [West-]Alliierten – ein Aufstand im Lager sein. Leider wurde sein Bericht als übertrieben eingeschätzt, und die Alliierten lehnten eine Intervention ab. Nach dem Krieg [d.h. unter kommunistischer Herrschaft] wurde Witold Pilecki verhaftet, unmenschlichen Foltern unterworfen und durch einen Schuß in den Hinterkopf ermordet. Seine sterblichen Überreste wurden in einer namenlosen Grube verscharrt und bis heute nicht gefunden…

Die Feinde Polens haben alles unternommen, um ihn aus dem Bewußtsein der Polen und der Welt zu tilgen. Such seinen Namen bei Google, Youtube, Wikipedia… Frag Deine Bekannten, ob sie ihn kennen. Komm auf die Konferenz, das Konzert, die Feierlichkeiten…,

…die auf der Rückseite angeführt sind. Dort wird u.a. ein Konzert in einem Krakauer Studentenklub genannt. Titel: „Warum haben sie mich in der Schule nichts über Dich gelehrt?“

***

Ungewohntes Pathos. Wer aus „dem Westen“ kommt und während seiner Schulzeit auf Zynismus, Nihilismus und Antipatriotismus getrimmt worden ist, stolpert bereits über den Untertitel, und würde wohl auch über ihn stolpern, wenn dort nicht „aller Zeiten“ stünde. Ein Held? Wie unaufgeklärt!

Wer sich weniger unaufgeklärt über seine Vorurteile bezüglich des Unaufgeklärt-Seins zeigt und der Empfehlung folgt, Pileckis Namen zu suchen, wird Erstaunliches entdecken. Der Vorabend des ersten September ist ein guter Zeitpunkt dafür.

The Atlantic hat einen großen Artikel über Pilecki. Das polnische Instytut Pamięci Narodowej präsentiert umfangreiches Material, auch die Anklageschrift aus dem stalinistischen Schauprozeß gegen Pilecki. Im weiteren Zusammenhang sehr interessant: Commander Salamanders „Fullbore“-Serie.